Interview mit TBB-Coach Henrik Rödl: „Ich denke nicht an die 2. Liga“

Trier · Es sei eine schwierige Situation derzeit für ihn als Trainer der TBB Trier, gesteht Henrik Rödl. Vor dem wichtigen Heimspiel gegen Tübingen (Samstag, 7. März, 20.30 Uhr, Arena Trier) hat er mit Volksfreund-Redakteur Marek Fritzen auch über die Leistungsschwankungen seines Teams gesprochen.

Herr Rödl, am Montag wurde bekannt, dass Ihr langjähriger Teamkollege (Nationalmannschaft und Alba Berlin Anm. d. Red.) Chris Welp im Alter von nur 51 Jahren verstorben ist. Was war er für ein Typ?
Henrik Rödl: Chris ist eine ganz besondere Persönlichkeit des deutschen Basketballs. Die meisten Basketballfans kennen ihn wahrscheinlich als den Spieler, der den entscheidenden Punkt im EM-Finale 1993 gegen Russland erzielt hat. Er war jemand, der in besonderen Momenten eine besondere Ruhe hatte. Auch wenn der Kontakt in den letzten Jahren zu ihm nicht so eng gewesen ist, war er immer ein Mensch, den ich sehr mochte. Sein Tod ist ein extremer Schock - man wird ihn sehr vermissen. Machen wir einen Schnitt an dieser Stelle und blicken auf die aktuelle Situation der TBB Trier: Sie stecken mit Ihrem Team tief im Abstiegskampf. Wie schwierig ist die Situation für Sie persönlich?
Rödl: Es ist eine sehr angespannte Zeit für mich, weil ich mich sehr stark mit dem Verein identifiziere. Wir waren immer wieder in schweren Situationen, seitdem ich hier bin - das ist eben der Kampf, den Trier seit 25 Jahren ausficht. Aber es stimmt, wir sind derzeit in einer sehr, sehr schweren Phase - wir müssen alles dafür tun, damit wir über Wasser bleiben.

Während Ihrer Zeit bei Alba Berlin galten Sie immer als harter Arbeiter und aggressiver Verteidiger. Wie schwierig ist es daher nun für Sie, derart hohe Niederlagen wie gegen Bayern München (51:92) oder gegen Bamberg (44:84) vom Spielfeldrand miterleben zu müssen?
Rödl: Es ist für alle Beteiligten nicht einfach, hoch zu verlieren. Wir sind alle sehr ehrgeizig und wollen uns natürlich besser präsentieren als in diesen Spielen. Aber wir müssen daraus lernen und berücksichtigen, dass München zu Hause gegen mehrere Mannschaften in dieser Saison mit 30 Punkten gewonnen hat. Bayern ist eine Übermannschaft im Moment, die nicht mehr mit dem Team aus der Hinrunde zu vergleichen ist. Damals hatten sie Verletzungssorgen, hatten kurz vorher noch in der Euroleague gespielt - daher sollten wir die Niederlage in München nicht zu hoch hängen.

Wie schwer ist es, die Mannschaft nach so deutlichen Pleiten mental wieder aufzurichten?
Rödl: Wir haben das in der Vergangenheit schon öfter hingekriegt. Beispielsweise nach der Heimniederlage gegen Alba in der Vorrunde - danach haben wir Top-Teams wie München und Oldenburg geschlagen. Das Team hat gezeigt, dass es aus solchen Situationen wieder herauskommt.

Großartigen Spielen wie zu Hause gegen München oder Oldenburg sowie auswärts gegen Göttingen folgen in dieser Saison oftmals extrem schwache Auftritte wie gegen Crailsheim. Wie sind diese Schwankungen zu erklären?
Rödl: Leistungsschwankungen sind bei jungen Teams nicht ungewöhnlich, das erlebe ich seit fünf Jahren hier. Erschwerend hinzu kam in den vergangenen Wochen noch die Grippewelle im Team, die viele Spieler daran gehindert hat, ihr volles Leistungsvermögen abzurufen. So ist auch das zweite Crailsheim-Spiel zu erklären. Die Mannschaft hatte nicht genug Kraft.

Ältere Spieler wie Bucknor und Anderson bringen ihre Erfahrung ein - doch von Spielern wie Schmidt (25 Jahre alt) oder Samenas (27) kommt oft zu wenig. Sehen Sie das auch so?
Rödl: Es ist schwer, einen Namen nach dem anderen durchzugehen. Zu Samenas: Ich möchte denjenigen sehen, der mit seiner Situation besser umgeht als er - die schwere Verletzung zu Saisonbeginn, dann das ständige Im-Kader-sein, Nicht-im-Kader-sein - das ist nicht einfach für ihn. Stefan Schmidt macht immer viele Aktionen, die die Zuschauer nicht sehen. Er hilft dem Team enorm. Er stellt Blocks, um Mitspieler freizukriegen, dann macht beispielsweise Ricky Harris den Korb und alle feiern ihn - aber die Aktion hat eigentlich Stefan gemacht, das steht dann in keiner Statistik.

Eine Konstante in dieser Spielzeit ist Vitah Chikoko …
Rödl: … seine Entwicklung ist Wahnsinn. Er ist definitiv einer der Solidesten bei uns.

Wie stehen denn die Chancen, dass er noch ein weiteres Jahr in Trier bleibt (sein Vertrag im läuft im Sommer aus, Anm. d. Red.)?
Rödl: Das ist im Moment überhaupt kein Thema (lacht). Er zeigt dieses Jahr, dass er von Monat zu Monat besser wird. Ich glaube, dass es gut wäre für seine Entwicklung, noch ein Jahr bei der TBB zu bleiben. Ich würde mich sehr freuen, wenn er hier bleibt.

Sie haben mit Chikoko und Schmidt zwei lange Kerle unter den Brettern - dennoch zieht sich die Reboundschwäche wie ein roter Faden durch die Saison - wie ist das zu erklären?
Rödl: Rebounds zu holen, ist eine Mannschaftssache. Das geht nicht nur die Center an. Chikoko und Schmidt arbeiten am Brett, sie sind allerdings keine Spieler, die im Schnitt zehn Rebounds pflücken. Ich finde, beide könnten sich in diesem Bereich sicherlich verbessern. Aber das gilt für das gesamte Team. Wir haben Spieler, die sich in diesem Bereich definitiv steigern müssen. Marko Lukovic kann in dieser Situation sehr viel helfen. Er holt auch in einigen Spielen mal zehn Rebounds, aber das muss konstanter werden - von ihm und von anderen auch.

Dennis Kramer ist jemand, der unter dem Korb helfen kann. In München kam er nicht zum Einsatz, obwohl er sich mit aufwärmte. Wieso?
Rödl: Er hatte sich in der Woche vor dem Spiel eine Zerrung zugezogen. Er wäre einsatzfähig gewesen, aber mir war das in dem Spiel nicht wichtig, ihn körperlich zu testen. Er wird gegen Tübingen wieder dabei sein.

Crailsheim hat vor Kurzem auf dem Transfermarkt noch mal nachgelegt, Bremerhaven auch und Bayreuth ebenso. Die TBB dagegen hat die Wechselfrist verstreichen lassen, ohne nachzulegen - können Sie sagen warum?
Rödl: Wir haben in der Anfangsphase der Saison bereits mit Ricky Harris einen Spieler nachverpflichtet und haben damit sieben Ausländer im Team. Mehr ist nicht möglich, dazu fehlen uns ganz einfach die finanziellen Mittel.

Die im Vergleich zu Trier deutlich kleinere Stadt Bamberg hat mit den Brose Baskets ein erfolgreiches Team, mit einem Budget, das weit über dem der TBB liegt. Dort steht eine ganze Region hinter dem Verein und unterstützt ihn auch in finanzieller Hinsicht - wieso ist das in Trier anders?
Rödl: Wir haben sehr engagierte Sponsoren, die den Verein tragen. Aber um den Basketball-Bundesligastandort Trier auch in Zukunft am Leben halten zu können, muss mehr investiert werden. Die Bundesliga boomt wie keine andere Sportliga in Europa. Basketball findet statt in Deutschland wie noch nie - es ist toll, dass die TBB ein Teil davon sein kann. Aber wenn wir da weiterhin mithalten wollen, müssen wir investieren. Denn wer gleich bleibt, fällt zurück.

Schauen wir noch mal zurück auf die aktuelle Tabellensituation: Sind die jungen Spieler bereit für die kommenden Spiele. Können sie Abstiegskampf?
Rödl: Es ist das Risiko, das man eingeht, wenn man auf Jugend setzt. Wir werden sehen, wie sich die Mannschaft in den kommenden entscheidenden Monaten macht. Wir werden kämpfen bis zum Umfallen, um den Klassenerhalt zu schaffen - aber ich muss auch sagen: Es gibt keine
Garantie dafür! Aber selbst, wenn es gegen Tübingen nicht mit einem Sieg klappen sollte, haben wir noch viele Chancen, die Klasse zu halten.

Was muss passen, damit es gegen Tübingen mit seinem TBB-Sieg klappt?
Rödl: Wir dürfen nicht von Beginn an denken: Was passiert wenn - davon müssen wir uns lösen. Wir wissen alle, wie prekär die Situation ist. Tübingen ist eine Mannschaft, die offensiv sehr talentiert ist, mit sehr guten Werfern. Aber auch mit erfahrenen Spielern wie Wallace, Kinney oder Ratkoviza. Das ist ein Guard-Trio mit jeder Menge Qualität - es gilt, diese drei aus dem Spiel zu nehmen.

Ihr Vertrag läuft noch bis zum Ende der Saison 2015/16. Heißt das, es wird definitiv eine weitere Saison mit Henrik Rödl als Trainer in Trier geben?
Rödl: Ich verschwende momentan keine Gedanken an irgendwas anderes als an die TBB. Es gilt, den Verein in der Bundesliga zu halten.

Würden Sie auch bei einem Abstieg in die 2. Liga bei der TBB bleiben?
Rödl: Über die Brücke gehen wir, wenn es so weit ist. Ich denke nicht an die 2. Liga. Das ist für uns alle momentan nicht der Zeitpunkt, um darüber nachzudenken.Extra


Wegen der Neueröffnung des Baumarktes an der Arena ist das Parkdeck am Samstag nur von der Herzogenbuscher Straße über den Vorplatz der Arena zu erreichen.

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