"Das ist alles irreal"

Wie tief steckt die dreigeteilte Regionalliga im Sumpf des Fußball-Wettskandals? Unter anderem im Kreuzfeuer steht der SC Verl. Ex-Eintracht-Spieler An dreas Saur, seit Sommer 2007 bei den Ostwestfalen aktiv, spricht über sein Seelenleben und die Befindlichkeiten im Club.

 Andreas Saur. Foto: Verein

Andreas Saur. Foto: Verein

Verl. 18 Regionalliga-Spiele sollen nach derzeitigen Angaben der Ermittler vom Fußball-Wettskandal betroffen sein. Um welche Paarungen es sich handelt, ist noch nicht bestätigt. Es gibt Spekulationen.

So soll es unter anderem Unregelmäßigkeiten bei den Spielen des SC Verl an den letzten beiden Spieltagen der Vorsaison gegen Mönchengladbach II (4:3) und gegen den 1. FC Köln II (0:1) gegeben haben.

Die Ostwestfalen, Liga-Konkurrent in der West-Staffel von Eintracht Trier, haben zwei Spieler suspendiert — nach Auskunft des Vereins nicht, weil es Geständnisse gibt, sondern um sie nach Verdächtigungen zu schützen.

In der Nacht zum Donnerstag wurde in das Büro des Vereins-Vorsitzenden Peter Mankartz auf dem Vereinsgelände eingebrochen. Unterlagen wurden durchwühlt, unter anderem wurde ein Würfeltresor entwendet. Ob ein Zusammenhang mit den Vorwürfen im Wettskandal besteht, war gestern unklar.

Ex-Trainer Ermisch reagiert erzürnt



Mehrere Spieler — darunter Andreas Saur — haben Anfang der Woche den Vereins-Vorstand darüber informiert, dass sie von Kollegen zur Manipulation der Partien gegen Gladbach und Köln angestiftet werden sollten. Die Informationen haben sie inzwischen auch an die Ermittler weitergereicht.

Saur, der sich für die beiden Partien damals wegen einer Verletzung abgemeldet hatte, spricht von einem mulmigen Gefühl. "Es ist nicht einfach, wenn man auf dem Weg zur Polizei ist und weiß, dass man mit einer Aussage andere Personen unglaublich belastet", sagte der Abwehrspieler dem TV.

Details des Anwerbeversuchs schildert der 28-Jährige, der in der Saison 2006/07 für Eintracht Trier die Fußballschuhe schnürte, in der Öffentlichkeit nicht — dafür seine Eindrücke: "Die Situation damals war irreal. Sie ist nicht beschreibbar. Nachdem der Skandal um Robert Hoyzer noch nicht so lange zurücklag, habe ich nie erwartet, dass solche Dinge auch im eigenen Verein passieren könnten."

Die Partien gegen Gladbach und Köln liegen mehr als fünf Monate zurück. Warum hat er nicht direkt etwas gesagt? "Vielleicht hätte man das tun sollen. Aber für mich stand die persönliche Sicherheit im Vordergrund. Es geht hier schließlich wohl nicht um eine Hof- und Wiesenkriminalität, sondern um organisiertes Verbrechen."

Saur: Für so etwas bin ich nicht zu haben



Saur beteuert, nicht in den Skandal verwickelt zu sein: "Die Leute, die mich kennen — auch aus meiner damaligen Zeit in Trier — wissen, dass ich für so was nicht zu haben bin. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie Leute, die involviert sind, nachts noch richtig schlafen können, wenn man immer mit der Angst leben muss, dass alles auffliegt — egal, ob es um 200 Euro, 50 000 Euro oder zwei Millionen Euro geht."

Mario Ermisch, bis Ende der vergangenen Saison Trainer beim SC Verl, reagiert indes erzürnt. Der Rechtsanwalt gestern zum TV: "Zunächst glaubt man, der eigene Verein ist nicht betroffen. Dann kommen die ersten Hinweise. Und die Erinnerungen, gegen Köln durch ein Eigentor verloren zu haben. Und es gab nach der Saison bereits Gerüchte, dass bei dem Spiel gegen Gladbach, wo wir zur Halbzeit 3:0 führten und das 4:3 kurz vor Schluss erzielten, wohl etwas ,schief gelaufen' sei. Nachdem jetzt nach und nach Hinweise an die Öffentlichkeit gelangten, habe ich ein paar meiner Ex-Spieler angerufen und sie gebeten, mir doch zu sagen, dass alles okay war. Und dann sagt mir einer: ,Trainer, gehen Sie mal nicht davon aus.'"

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