Experten: Unternehmen fehlt Erfahrung

TRIER. (wie) Schluss mit Jugendwahn und Frühverrentungs-Mentalität - dies fordern Arbeitsmarkt-Experten: "Wir brauchen mehr Ältere im Job, ansonsten droht ein Facharbeitermangel" lautet ihre Forderung.

Jung, jünger - und weg mit den Alten: Diese Tendenz kritisieren Arbeitsmarkt-Experten. Zulange habe man in den Unternehmen auf junge statt auf erfahrene Arbeitnehmer gesetzt. Und schon bald, da sind sich die Experten einig, werden das die Arbeitgeber bereuen. Von 2010 an wird aufgrund geburtenschwacher Jahrgänge ein Fachkräftemangel in allen Branchen befürchtet. Die Bundesanstalt für Arbeit rechnet mit einem Ausfall von 600 000 Erwerbstätigen in den kommenden 20 Jahren. Gegenüber den 70er-Jahren hat sich die Zahl der älteren Arbeitnehmer halbiert. Nur noch 37,7 Prozent der 55- bis 64-jährigen Männer sind nach Erkenntnissen des Instituts für Arbeit und Technik (IAT) noch beschäftigt. "Ein Skandal", findet der Präsident des Sozialverbands VDK, Walter Hirrlinger. Es sei nicht vertretbar, dass zwischen 50 und 60 Prozent der Unternehmen nur noch Mitarbeiter unter 50 Jahren beschäftigten, klagt Hirrlinger: "Die über 50-Jährigen gehören doch nicht zu alten Eisen." Laut IAT liegt das Durchschnittsalter der Beschäftigten derzeit bei 39,6 Jahren. Die Experten kritisierem vor allem die Frühpensionierungsmentalität in den Unternehmen. Ein Trend, der auch in der Region feststellbar ist. Ein Viertel der hiesigen Arbeitslosen sind älter als 50 Jahre. Aber langsam scheint bei vielen Arbeitgebern die Erkenntnis zu reifen, dass man auf die Erfahrungen eines alt gedienten Meisters nur schlecht verzichten kann. Immerhin konnten die Arbeitsämter in der Region in diesem Jahr bereits knapp 1800 Arbeitslose über 50 vermitteln - 322 mehr als 2002. Dahinter steckt allerdings auch eine gezielte Arbeitsmarktpolitik. Arbeitnehmer und Arbeitgeber erhalten Lohnzuschüsse vom Arbeitsamt. Doch in vielen Betrieben setzt man bei Neueinstellungen weiter auf die Jugend. Etwa bei der Bitburger Brauerei: "Wenn wir jemanden einstellen, ist es meist ein Junger, weil ein Älterer in Ruhestand gegangen ist", sagt Sprecher Dietmar Henle. Doch stolz verweist er auf die Statistik: 33 Prozent der insgesamt 926 Beschäftigten sind über 50 Jahre alt. Um es den Unternehmen leichter zu machen, ältere und somit auch teurere Arbeitnehmer einzustellen, fordern die Arbeitgeber eine Änderung der Tarifpolitik: Weg von der automatischen Lohnsteigerung aufgrund der Beschäftigungsjahre hin zu leistungsorientierten Löhnen. Die Gewerkschaften zeigen aber noch wenig Neigung, darüber zu verhandeln.

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