Mehr Rechte und Geld für Versicherte

KARLSRUHE. (dpa/sas) Lebensversicherungen zur Altersvorsorge müssen künftig transparenter gestaltet und die Kunden stärker an den Überschüssen beteiligt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVG) am Dienstag entschieden.

Millionen Bürger, die eine kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen haben, dürfen auf eine höhere Überschussbeteiligung hoffen. Das ergibt sich aus dem Urteil des BVG. Bei der Endauszahlung an den Versicherten müssen die durch Prämienzahlungen geschaffenen Werte und so genannten stillen Reserven künftig "angemessen" berücksichtigt werden. Deutschlands oberstes Gericht entschied: Das geltende Gesetz genügt teilweise verfassungsrechtlichen Schutzanforderungen nicht. Der Gesetzgeber muss nun bis Ende 2007 neue Regelungen schaffen, die die Rechte der Versicherten besser schützen. Bis dahin gilt der jetzige Rechtszustand weiter. Allerdings muss der Gesetzgeber prüfen, "ob laufende Verträge in den Genuss der Neuregelung kommen können", heißt es in dem Urteil (Az: 1 BvR 80/95, 782/94 u. 957/96 vom 26. Juli 2005). Die Musterprozesse der drei Kläger waren mit Hilfe des Bundes der Versicherten geführt worden. Dieser begrüßte die Entscheidung: "Nun besteht Hoffnung für Millionen von Versicherten, endlich Verbrauchergerechtigkeit zu bekommen", sagte Geschäftsführerin Lilo Blunck. Nach den Worten des Karlsruher Gerichts fehlen derzeit ausreichende rechtliche Vorkehrungen zur Durchsetzung der Interessen der Versicherten. Der Kunde könne gerichtlich nicht klären lassen, ob der am Ende auszuzahlende Überschuss zu gering ausfalle, etwa, weil stille Reserven der Unternehmen nicht berücksichtigt oder die Vermögenswerte durch "Querverrechnungen" dezimiert würden. Auch die staatliche Aufsicht kontrolliere das Versicherungswesen nur auf grobe Missstände, prüfe aber nicht, ob die Belange der Kunden berücksichtigt würden. Der Erste Senat machte deutlich, dass der Wettbewerb um das Produkt Lebensversicherung für die Versicherten nur beschränkt funktioniere. Die Vertragsbedingungen seien praktisch nicht verhandelbar. Außerdem sei eine Kündigung meist wirtschaftlich sinnlos, weil sie mit erheblichen Einbußen verbunden sei. Nach den Worten von Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier geht es in dem Verfahren für die Kläger zwar nur um "relativ geringe Beträge" von einigen hundert Euro. Das Urteil könne aber weit reichende Konsequenzen für den Sektor Kapitallebensversicherung haben. In Deutschland gab es Ende 2004 insgesamt 97,4 Millionen Lebensversicherungsverträge. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft hatte bereits gewarnt, dass im Falle des Erfolgs der Klage garantierte Ausschüttungen in Zukunft gar nicht mehr möglich seien.

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