Neue Rezepte gegen kranke Kassen

TRIER. (wie) Die Krankenkassen rechnen mit weiter steigenden Beiträgen. Ohne grundlegende Reform imGesundheitswesen werde das Defizit der Kassen ansteigen, lautet die Aussage verschiedener Kassen. Daher denken diese über eigene Modelle nach, um Kosten zu senken.

Steigende Arzneimittelausgaben, steigende Arbeitslosigkeit und damit verbunden fehlende oder geringere Beitragszahlungen und keine klaren Aussagen der Politik, wie die Kosten im Gesundheitswesen langfristig gesenkt werden können - das alles lässt die Kassen daran zweifeln, dass die Beitragssätze mittelfristig stabil bleiben. "Wir wissen nicht, welche Unabwägbarkeiten noch auf uns zu kommen", sagt Thorsten Jakob von der Barmer Ersatzkasse. Die Barmer habe die Beiträge mit der Erhöhung zu Beginn des Jahres so kalkuliert, dass sie vorerst stabil bleiben könnten. Für das nächste Jahr will jedoch keine der Kassen eine Prognose abgeben: Beitragserhöhungen werden nicht ausgeschlossen, wenn von der Politik nicht gegengesteuert wird. Die AOK Rheinland-Pfalz rechnet 2003 ebenfalls nicht mit weiter steigenden Beiträgen. Trotzdem macht sich AOK-Chef Walter Bockemühl Gedanken, wie Kosten langfristig gesenkt werden können, etwa durch eine neue Beitragsbemessung für Rentner. Die AOK Rheinland-Pfalz gebe pro Mitglied (ohne Rentner) jährlich weniger aus, als sie einnehme, bei Rentnern lägen die Ausgaben pro Kopf bei 4029 Euro - bei Einnahmen von 1437 Euro. Bockemühl will daher nicht nur die Rente, sondern auch darüber hinausgehende Einnahmen bei der Beitragsbemessung für Krankenversicherungen berücksichtigen. Die DAK will Internet- und Versand-Apotheken unterstützen, um die Arzneimittelpreise zu senken. Außerdem sollten Kassen direkt mit Ärzten und Krankenhäusern Verträge abschließen können. Die Barmer will die Ausgaben durch ein Bonusmodell senken. Könne etwa ein Bluthochdruckpatient nachweisen, dass sein Blutdruck durch mehr Bewegung, Stress-Abbau und Ernährungsumstellung falle, soll ihm ein finanzieller Anreiz gegeben werden. Die Techniker-Krankenkasse, die als erste unter den gesetzlichen Kassen ein Bonusmodell eingeführt hatte, setzt weiter darauf, dadurch Kosten zu sparen.Die Kassen glauben allerdings, dass dies nur Mosaiksteine sein können. "Entscheidend ist, welche Reform die Regierung verfolgt, wie sich wirtschaftliche Situation und die Arbeitslosigkeit entwickeln", sagt der DAK-Sprecher. Abhängig sei dies also von einer Reform des gesamten Sozialsystem. Um einen Kontrapunkt zur Rürup-Kommission der Regierung zu setzen, hat die Union gestern eine eigene Sozialkommission ins Leben gerufen. KOMMENTAR SEITE 2THEMEN DER ZEIT SEITE 3

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