Weihnachten nur noch Kitsch und Kommerz?

TRIER. (mic/dpa/epd) Verdrängt der Weihnachtsmann das Christkind? Viele Menschen klagen darüber, dass das besinnliche Familienfest Weihnachten nur noch aus Rummel und Kommerz besteht - doch zugleich machen sie unverdrossen mit.

Früher legte in vielen Regionen Deutschlands das Christkind die Geschenke unter den Weihnachtsbaum, heute ist allerorten nur noch der Weihnachtsmann zu sehen: Kaum ein Geschäft verzichtet auf Werbung mit dem weißbärtigen Dickerchen, das stets mit rot-weißem Anzug und Zipfelmütze bekleidet ist. Selbst an vielen ganz normalen Häuserfassaden hängen kletternde Plastik-Figuren. Für traditionsbewusste Menschen ist das ein Graus: Denn die amerikanisch inspirierte Mischung aus Nikolaus und Knecht Ruprecht steht zusammen mit immer zahlreicherem Beleuchtungskitsch und der Verbreitung des Wortes "X-Mas" für viele stellvertretend für zunehmende Geschäftemacherei mit dem besinnlichen Fest. Laut einer repräsentativen Infratest-Umfrage finden drei von vier Deutschen, dass Weihnachten zu einem "kommerziellen Rummel" geworden ist. Fast jeder Zweite beklagt zudem, dass der Geschenke-Einkauf zu stressig ist. 49 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass Weihnachten nicht mehr so schön ist wie früher. Kritik kommt auch von den Kirchen: Viele Familien seien nicht mehr fähig, Feste zu organisieren, kritisiert der Trierer Bischof Reinhard Marx. Stattdessen werde der Heilige Abend mit einem Glas Bier bei Kerzenschein vor dem Fernseher verbracht. Das Übel beginnt für den Bischof aber schon früher: Lange vor Heiligabend seien überall Lieder wie "Stille Nacht" zu hören, und in den Geschäften begänne die Adventszeit schon im August, kritisiert Marx: "Die Festtage mit ihrer je eigenen Atmosphäre gehen unter in einem unterschiedslosen Einheitsbrei." Auch die evangelische Bischöfin Margot Käßmann (Hannover) fragt: "Worauf sollen wir uns eigentlich noch freuen, wenn der Spekulatius seit Wochen auf dem Tisch steht?" Initiativen wie "Advent ist im Dezember" und "Der andere Advent", die sich für eine bewusstere Gestaltung des Advents aussprechen, stießen auf immer größere Resonanz, berichten die Kirchen. Die Menschen sehnen sich nach Ruhe und Besinnlichkeit. Jeder zweite Deutsche hat den Gottesdienstbesuch am Heiligen Abend fest eingeplant. Doch trotz des allgemeinen Unwohlseins über den Weihnachtsrummel machen viele unverdrossen mit. Die Einzelhändler berichten zwar noch von gebremster Konsumlust, doch sie hoffen mit gutem Grund auf ein starkes letztes Adventswochenende: Jeder Haushalt will in diesem Jahr im Schnitt 330 Euro für Geschenke ausgeben, ähnlich wie in den Vorjahren. Ist Weihnachten nur noch Geschäftemacherei? War das Fest früher viel schöner? Schreiben Sie uns ihre Meinung in Kürze. Bitte Name und Adresse angeben.

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