An Erholung im Schlaf kaum zu denken

Berlin/Klingenmünster · Mit einem Schnarcher in einem Bett zu schlafen, kann nervenaufreibend sein. Hat der Betroffene zusätzlich Atemaussetzer, wird es sogar für ihn selbst gefährlich.

Berlin/Klingenmünster (dpa) Sägen, knattern, röcheln, dann schimpfen, knuffen oder treten: Wenn man mit einem Schnarcher das Bett teilt, kann von erholsamer Nachtruhe keine Rede sein. Für die Schnarcher - und das sind jeder zweite Mann und jede vierte Frau ab 35 - bedeutet das oft den Umzug auf die Couch oder ins Gästezimmer. Setzt nachts der Atem sogar aus, blockiert diese Schlafapnoe den oberen Atemweg. Ersticken können Betroffene dabei nicht, erklärt Hans-Günter Weeß, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM): "Wenn der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt, weckt der Körper den Betroffenen, damit er wieder atmet." Allerdings haben manche 50 und mehr Atemaussetzer pro Stunde.
"Der Tief- und Traumschlaf wird unterdrückt. Es ist kein erholsamer Schlaf mehr möglich", erklärt Weeß. Außerdem muss das Herz durch den Sauerstoffmangel und Unterdruck im Brustraum mehr leisten, der Blutdruck steigt und das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall ebenso.
"Das ist keine Bagatelle", betont der Schlafmediziner. Nicht nur vom Schnarchen, sondern auch von der Schlafapnoe betroffen sei etwa jeder vierte Mann und jede siebte Frau im mittleren Alter, ergänzt Professor Ingo Fietze, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums der Charité Berlin.
Hinter behandlungsbedürftigem Schnarchen mit Atemaussetzern steckt oft ein zu enger oder instabiler Atemweg zwischen Gaumen und Kehlkopf, erklärt Joachim Maurer von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Das kann an einem sehr engen Kiefer, einer großen Zunge, großen Mandeln oder einem großen Zäpfchen liegen. Aber auch an der Atemwegsmuskulatur: Bei einigen Menschen entspannt sie sich im Schlaf so weit, dass der Rachen sich durch den Unterdruck beim Einsaugen der Luft zusammenzieht.
Wenn der Partner Atemaussetzer bemerkt oder der Schnarcher sich tagsüber sehr müde fühlt, sollte er sich untersuchen lassen. Im Schlaflabor oder bei einer ambulanten Messung zu Hause wird die Atmung an der Nase, am Brustkorb und am Bauch sowie die Sauerstoffkonzentration im Blut gemessen, erklärt Fietze. "Der Krankheitswert wird nicht am Schnarchen festgemacht." Dafür spielen die Beschwerden wie Tagesmüdigkeit sowie die Häufigkeit der Atmungsaussetzer eine Rolle. "Ab zehn Sekunden Atempause spricht man von einer Apnoe, ab fünf Apnoen pro Stunde Schlaf von der Schlafapnoe", erklärt Fietze.
Die Therapie richtet sich nach der Ursache des Schnarchens. So gibt es spezielle Schienen, die im Mund getragen werden und den Unterkiefer samt Zunge vorverlagern - so soll der Atemweg erweitert werden, erklärt Weeß. Eine andere Möglichkeit ist die nächtliche Überdruckbeatmung: Der Betroffene schläft mit einer speziellen Maske, die für einen leicht positiven Luftdruck sorgt. Wenn solche Therapieversuche nicht anschlagen, kommt ein Zungenschrittmacher infrage. Dabei sorgt ein unter dem Schlüsselbein eingesetztes Gerät mit einer um den Unterzungennerv gelegten Elektrode dafür, dass die Muskulatur der Zunge sich anspannt. "So kann sie den Atemweg nicht versperren", erklärt Maurer. Bei sehr großen Mandeln oder einem sehr kleinen Kiefer ist der Zungenschrittmacher nicht sinnvoll. Dann kommen andere Eingriffe infrage - etwa die Mandeln zu entfernen, Weichteile wie Zäpfchen oder Gaumensegel zu straffen oder mit einem Eingriff den Kiefer nach vorne zu schieben.
Auch wer "nur" schnarcht, kann seinem Partner zuliebe etwas unternehmen. "Der Lärmpegel beim Schnarchen kann die Lautstärke eines vorbeifahrenden LKW erreichen", sagt Weeß. Wer über eine Laser-OP der Nase nachdenkt, sollte vorab ein paar Nächte Nasen-Pflaster ausprobieren, wie Sportler sie tragen: Wenn sich so das Schnarchen legt, könnte auch der Eingriff helfen, sagt Fietze. Auf Alkohol verzichten, Übergewicht reduzieren und nicht auf dem Rücken schlafen, kann laut Weeß das Schnarchen reduzieren. Es gibt auch spezielle Westen, die die Rückenlage verhindern. Im besten Fall hat der Bettpartner dann Ruhe.

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