Künstliches Sonnenlicht wird für Minderjährige ausgeknipst

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren dürfen künftig nicht mehr ins Solarium gehen. Bund und Länder haben dem künstlichen Bräunen Minderjähriger einen Riegel vorgeschoben. Damit soll vor allem das Risiko gemindert werden, an schwarzem Hautkrebs zu erkranken.

Mannheim. (alex) Der TV beantwortet wichtige Fragen zum Thema Solarium.

Wie beliebt ist das Solarium?

59 Prozent der in einer Pilotstudie für Deutschland zur Solarium-Nutzung befragten Frauen und 35 Prozent der befragten Männer waren schon einmal auf der Sonnenbank. 35 Prozent der Solariengänger nutzten sie zum ersten Mal bereits im Jugendalter. Den meisten Zulauf haben mit 85,4 Prozent die Sonnenstudios. Im Fitnesscenter (31,7 Prozent) oder Schwimmbad (26,4 Prozent) lassen sich weit weniger Menschen künstlich bräunen. Ein Solarium in den eigenen vier Wänden konnten 4,4 Prozent der Befragten vorweisen.

Daten zur Solarium-Nutzung waren bislang nur in der Schweiz und in den USA erhoben worden. Ein Grund für Sven Schneider, Forschungsgruppenleiter des zur Uni Heidelberg gehörenden "Institut für Public Health", im Zuge der Krebspräventions-Forschung in Mannheim eine Pilotstudie zu starten. Sie ist Grundlage für das von der Politik beschlossene Solarium-Verbot für Minderjährige. 500 Telefoninterviews haben Schneider und sein Team ausgewertet. Befragt wurden 18 bis 45-jährige Mannheimer. Eine bundesweite Studie ist in Planung.

Warum gehen die Menschen ins Solarium?

Die Hitliste der Gründe führt die gewollte Attraktivitätssteigerung an (62 Prozent), gefolgt von den Punkten Wohlbefinden (61,1), Entspannung (51), Vorbräunung (46,2) und Licht/Wärme (44,5). Nur 7,9 Prozent gaben gesundheitliche Gründe an.

Wo liegt das Problem?

Laut der Studie hält nur etwa die Hälfte der Sonnenstudios Schutzbrillen bereit, die das Auge vor schädlichen UV-Strahlen schützen. Nur gut die Hälfte der Befragten gab an, eine Hauttyp-Beratung erhalten zu haben. Über die Gesundheitsrisiken des künstlichen Sonnenbads wurde nur ein Drittel aufgeklärt. Dafür hatten 45,5 Prozent der Solariumsnutzer nach der Bestrahlung einen Sonnenbrand. Zudem hätten laut Schneider viele Solarien kein Qualitätssiegel des Bundesamts für Strahlenschutz: "Viele Solarien kleben einfach ein TÜV-Siegel an die Tür. Das sagt über die Strahlung nichts aus."

Wer ist besonders gefährdet?

Nach Ansicht der Experten können Jugendliche die Risiken wie etwa Hautkrebs oder Hautalterung noch weniger einschätzen als Erwachsene. Zudem falle auf, dass Akademiker eher selten ins Solarium gingen. Schneider: "Braune Haut entspricht mehr dem Schönheitsideal der mittleren oder unteren Bildungsschicht." Besonders gefährdet seien Raucher: "Die Krebsrisiken durch UV-Strahlung und Tabakkonsum multiplizieren sich", sagt Schneider.

Gibt es auch Positiv-Effekte?

Schneider sagt: "Aus der Sicht der Dermatologen hat die Solariumsnutzung keine positiven Effekte. Durch die vermehrte UV-Strahlung steigt das Krebsrisiko. Zudem beeinträchtigt die UV-Strahlung das Immunsystem negativ." UV-Strahlung könne zwar therapeutisch verwendet werden, zum Beispiel zur Akne-Behandlung. Dies solle aber immer in einer dermatologischen Praxis stattfinden.

Was sind die Konsequenzen aus dem Solarium-Verbot für Jugendliche?

"Wir hoffen, dass die Zahl der Münzsolarien zurückgeht, weil die Betreiber Schwierigkeiten haben werden, zu überprüfen, wie alt die Nutzer sind.

Dafür müssten die Studios extra Mitarbeiter anstellen, und das ist nicht der Sinn von Münzsolarien", sagt Schneider. Ein positiver Nebeneffekt für den Mediziner wäre, dass sich dadurch unter Umständen die Beratung für erwachsene Nutzer verbessern würde.

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