Schlagende Argumente für den Freiluftsport

Golfen entwickelt sich in Deutschland immer mehr zur Trendsportart und wird 2016 wieder olympisch. Weltweit gehört es mit über 60 Millionen Aktiven zu den am häufigsten ausgeübten Sportarten. Unsere Experten erläutern in der Serie "Fit in den Frühling" die wichtigsten Dinge für Aktive.

Ist Golf denn keine Schönwettersportart?Jochen Vogel: Golf ist eine klassische Outdoor-Sportart, die mit wenigen Ausnahmen bei jedem Wetter gespielt werden kann. Der ambitionierte Golfer trainiert das ganze Jahr über. In den Wintermonaten ist durch Frost, Schnee und nasse Plätze nicht immer die Möglichkeit gegeben, über den Platz zu gehen. Diese Phase des Jahres wird von vielen Golfern für das Grundlagentraining genutzt. Einige wenige reisen der Sonne hinterher, die Mehrzahl der Golfer bleibt jedoch vor Ort und bereitet sich mit speziellen Trainingsplänen auf die kommende Saison vor. Wer sich mit der Saisonvorbereitung frühzeitig auseinandersetzt, wird schneller seine alte Spielstärke (das sogenannte Handicap) wieder erreichen oder sogar verbessern.Fit in den Frühling

Golf - ein Sport mit viel Bewegung?Sebastian Bethge: Richtig, der Golfsport wird in Bezug auf die körperliche Belastung häufig belächelt und unterschätzt: Drei bis vier Stunden Golf erzielen jedoch den gleichen Effekt wie drei Stunden Walking.Können Sie das etwas näher erläutern?Jochen Vogel: Bei einer Runde über 18 Löcher legt ein Golfspieler zwischen 6,5 und 10 Kilometer zurück, verbraucht dabei bis zu 1500 Kalorien, der Puls liegt dabei selten unter 100 Schläge pro Minute mit Spitzenwerten bis zu 150/min, und dies während einer Runde von vier bis fünf Stunden. Das Spiel mit dem kleinen weißen Ball fördert somit Fitness und Ausdauer und bringt auf schonende Weise Herz und Kreislauf in Schwung. Golf gilt sogar als Herzsport mit schützender Wirkung, da Spitzenbelastungen vermieden werden. Lungenfunktionsprüfungen zeigten eine um 20 Prozent höhere Leistungsfähigkeit gegenüber untrainierten Menschen. Interessant ist auch das Absinken der schädlichen Cholesterin- und Triglyzeridwerte um 15 Prozent. Eine Untersuchung am renommierten Karolinska-Institut in Stockholm wies nach, dass Golfer eine um bis zu fünf Jahre erhöhte Lebenserwartung haben. Spielen hier noch andere Faktoren eine Rolle?Jochen Vogel: Golfen bedeutet Bewegung in frischer Luft und immer schöner Umgebung. Es verlangt aber auch ein hohes Maß an Konzentration und Körperbewusstsein. Ein gutes Golfspiel ist zudem abhängig von mentaler Stärke. Durch die hohe mentale und koordinative Anforderung löst man sich jedoch automatisch vom Alltagsstress und schaltet ab. Neben den kognitiven und koordinativen Aspekten ist das spielerische Element beim Golfen enorm wichtig. Das Belohnungssystem im Gehirn wird mehr als beim Walking, Radfahren oder Wandern angesprochen und sorgt damit für viele positive emotionale Aspekte.Ist Golfen nicht nur für Individualisten?Sebastian Bethge: Üblicherweise spielt man zu viert, und durch den Sport in der Gruppe hat er eine große soziale Komponente und fordert und fördert die Kommunikation untereinander. Der Spaßfaktor ist gerade in der Gruppe deutlich erhöht.Gibt es Einschränkungen für gesundheitlich vorbelastete Sportler?Jochen Vogel: Kaum eine andere Sportart lässt sich den individuellen körperlichen Voraussetzungen des Menschen durch kleine Änderungen der Technik so gut anpassen und somit auch von Menschen mit überstandenen Erkrankungen am Bewegungsapparat, aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausüben. Selbst Patienten mit Kunstgelenken können durch kleine Anpassungen der Schwungtechnik und Ausrüstung schon nach kurzer Zeit ohne Gefahr ihren Sport wieder problemlos ausüben.Für welche Altersgruppe eignet sich der Golfsport?Sebastian Bethge: Prinzipiell für jede Altersgruppe vom Kleinkind bis zum Senior, es ist also ein Sport für jede Altersklasse. Bei den Kleinen überwiegt zunächst das spielerische Moment. Nach und nach werden spezielle Techniken geübt. Günstig ist, dass Spieler völlig unterschiedlicher Alters- und Leistungsgruppen zusammenspielen können. Damit eignet sich Golfen auch geradezu ideal als Familiensport.Gibt es spezielle körperliche Risiken beim Golfen?Jochen Vogel: Der Golfschwung gehört zu den komplexesten Bewegungen aller Sportarten, an der mehr als 400 Muskeln, davon etwa 150 dauerhaft, beteiligt sind. Muskuläre Dysbalancen sind daher die häufigste Ursache von Sportverletzungen oder Überlastungsschäden beim Golfen. Wichtig: Aufwärmen und Stretching vor dem Golfen. Voraussetzung für niedrige Verletzungsrate ist eine gute körperliche Vorbereitung vor allem im Winter und Frühjahr und eine technisch saubere Ausführung. Der beim Golf am meisten strapazierteste Körperteil ist der Stütz- und Bewegungsapparat, hier insbesondere die Wirbelsäule. Ursächlich kommen die beim Golfsport immer wieder auftretenden Fehlhaltungen der Wirbelsäule in Betracht, verbunden mit Rundrücken, Hohlkreuz und Drehbewegungen. Wie kann der Golfer diesen Überlastungsschäden vorbeugen?Sebastian Bethge: Hierbei wird viel Wert auf das Stabilisieren des Lenden-Becken-Bein-Bereiches gelegt. In diesem Bereich wird die meiste Kraft für einen optimalen Golfschwung aufgebaut. Eine gute Fitness hilft auch, die Belastungen der Wirbelsäule im Alltag und Beruf des Sportlers zu mindern. Zusätzlich hilft ein funktionelles Training für die Bereiche Kraft/Ausdauer/Beweglichkeit. Wie sieht eine optimale Saisonvorbereitung aus?Sebastian Bethge: Beim Basistraining kommen viele Kraftübungen, auch am Gerät zum Zuge. Danach werden hier Ausdauer und die Kraftausdauer optimiert. Zum Schluss wird viel im Bereich der Technik über Koordination und Beweglichkeit erarbeitet. Prinzipiell werden die Bereiche Kraft/Ausdauer/Beweglichkeit aber immer trainiert, jedoch die Umfänge variiert. In Bezug auf die Schwungtechnik sind vor allem Übungen im Bereich Koordination und Schnelligkeit gefragt. ...und wenn doch einmal Schmerzen und Probleme auftreten?Jochen Vogel: Im optimalen Fall findet dann eine klassische Teamarbeit statt: Der Golftrainer kann durch Analyse des Golfschwungs Fehler erkennen. Durch einen orthopädischen Check-up wird die betroffene und schmerzhafte Körperregion identifiziert und behandelt und in enger Kooperation durch einen erfahrenen Golf-Physiotrainer ein funktionelles Behandlungskonzept erarbeitet und umgesetzt. r.n.volksfreund.de/fitExtra

Dr. Jochen Vogel ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Spezialist für Gelenk- und Fußchirurgie im Orthopaedicum Trier. Zusammen mit seinen Kollegen leitet er die Orthopädie im Mutterhaus. Der Sportmediziner ist ambitionierter Golfer und war früher erfolgreicher Leistungssportler im Rudern. Sebastian Bethge ist Manual Therapeut in Trier. Seit Jahren betreut er in seiner Praxis für Physiotherapie Physiomded Spitzensportler der Region als Offizieller Partner des Olympiastützpunktes RLP/Saarland. Der ausgebildete Golf-Physio-Trainer arbeitet mit den Leichtathleten des Post-Sportvereins und den Trierer Miezen. r.n.

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