Wenn Mario in Tausende Teilchen zerspringt

Trier · Mehr als 1000 Computerspiele werden pro Jahr in Deutschland veröffentlicht, Hochsaison ist die Vorweihnachtszeit. Der Jugendschutz spielt eine entscheidende Rolle. Das deutsche Prüfsystem ist eines der strengsten der Welt.

Trier. Spiele für den PC oder eine Konsole der Marktführer Microsoft, Sony und Nintendo stehen mit Sicherheit auf zahllosen Wunschzetteln, mit denen sich Eltern momentan beschäftigen. Auch für Smartphones und Tablets existiert ein riesiger Markt an Titeln. Die Frage, ob das gewünschte Spiel altersgerecht ist oder - die häufigste Befürchtung - mit seiner Darstellung von Gewalt den Beschenkten überfordert und verstört, ist eine zentrale Kaufentscheidung. Um solche Fälle zu vermeiden, arbeitet die deutsche Spieleindustrie mit einem der strengsten Kontrollsysteme der Welt.
Klare Kennzeichnung


Jedes einzelne Spiel erhält eine große farbige Markierung der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), wenn es in Deutschland auf den Markt kommt.
Träger der USK ist die Freiwillige Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware GmbH in Berlin. Ehe die Experten über die Altersfreigabe ab 0, 6, 12, 16 oder 18 Jahren entscheiden, die Vertreter der Bundesländer später offiziell vergeben, prüfen sie das Spiel gründlich.
USK-Geschäftsführer Felix Falk erklärt das Prozedere: "Nach der ersten Prüfung führt ein qualifizierter Sichter einem Gremium mit vier Jugendsachverständigen das Spiel vor." Diese sind jedes Mal unterschiedlich und kommen aus einem Pool von insgesamt 50 Vertretern von Jugendämtern, Ministerien oder Universitäten.
Zu den insgesamt 15 Kriterien der USK zählen Gewalt, Atmosphäre, Sprache, Realismus oder Sexualität. "In einem ‚Super Mario\'-Spiel ab sechs Jahren darf zwar die Figur beispielweise in Tausend Teilchen zerspringen, aber die Gewaltdarstellung muss sehr abstrakt sein", erläutert Falk. "Bei einem Spiel ab zwölf Jahren können Figuren schon menschenähnlicher sein, aber die Gewalteinwirkung darf weiterhin eher nur abstrakt, zum Beispiel als Blitz, gezeigt werden."
Die USK fällt nicht die endgültige Entscheidung über die Alterseinstufung. Das letzte Wort haben von den Ländern benannte Sachverständige in Zusammenarbeit mit dem ständigen Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden bei der USK.
Was ist ab 18 frei?


Die Kennzeichnung "Ab 18 Jahren" sorgt dabei gelegentlich für Verwirrung. Diesen roten Stempel erhalten von der USK geprüfte Spiele, die nach Ansicht der Experten für Kinder und Jugendliche nicht geeignet sind, einem erwachsenen Publikum jedoch in Werbung und Verkauf angeboten werden dürfen.
Oft handelt es sich dabei um Shooter und Actiontitel, deren Konsum "einen Grad an sozialer Reife und Distanz erfordert, der bei 16- und 17-Jährigen nicht automatisch vorausgesetzt werden kann" - so der Wortlaut der USK.
Dennoch sind auch diese Titel Regeln unterworfen. Die Kennzeichnung "Ab 18" deutet zwar auf Gewalt hin, schließt aber Tabus wie Selbstjustiz als bewährtes Mittel zur Durchsetzung von Gerechtigkeit, drastisch inszenierte und grafisch detailliert aufbereitete Gewalttaten gegen menschlich oder menschenähnlich gestaltete Spielfiguren sowie Kriegsbegeisterung oder gar Hetze aus.
Titeln mit solchen Inhalten verweigert die USK eine Freigabe, ihnen droht meistens eine Indizierung und damit ein Verbot der Werbung und des offenen Verkaufs. Besonders krasse Fälle können - ebenso wie Filme dieser Art - auf Antrag beschlagnahmt und komplett aus dem Verkehr gezogen werden.

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