26.03.2005_Weber-Kolumne

Helmut Kohl pflegte sich in seiner Zeit als Bundeskanzler über Ostern stets an den Wolfgangsee in Österreich zurück zu ziehen, um - ganz altmodisch - zu fasten. Den Modebegriff "Diät" wollte er dafür nicht gelten lassen.

"Fasten entschlackt nicht nur den Körper, es macht auch den Kopf wieder frei", sagte er mir einmal anschließend. Manchem Politiker unserer Tage würde es mit Sicherheit gut anstehen, dem Beispiel des Alt-Kanzlers zu folgen und den Kopf wieder einmal zu durchlüften. Denn da scheint bei manchen einiges durcheinander geraten zu sein. Wie anders wäre es zu erklären, dass die meisten Bundestagsabgeordneten der Meinung sind, die Medien seien die Hauptschuldigen für den Vertrauensverlust zwischen Politik und Öffentlichkeit. So das Ergebnis einer Umfrage des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung. Erst an vierter Stelle rangieren bei den Parlamentariern die "Affären und Skandale, in die Politiker verwickelt waren." Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass viele Politiker den Bezug zu den Realitäten des Lebens verloren haben, dann wurde er mit dieser Demonstration der Unfähigkeit zu selbstkritischer Betrachtung endgültig erbracht. Ein Sprecher des Zeitungsverlegerverbandes hat es mit dem Satz auf den Punkt gebracht: "Wer den Boten der schlechten Nachricht für deren Inhalt verantwortlich macht, der stiehlt sich aus der Verantwortung." Ich wünsche Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, ein friedvolles und sonniges Osterwochenende Ihr Walter W. Weber Chefredakteur

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