Auf Gedeih oder Verderb

Ein Blick in den Wahlkalender genügt, um festzustellen, dass das katastrophale Abschneiden der SPD im Saarland nur der Auftakt für eine Serie weiterer schmerzlicher Ergebnisse sein kann. Zum Wunden lecken bleibt keine Zeit.

Denn schon am übernächsten Sonntag treten die Sachsen und Brandenburger an die Wahlurnen, eine Woche später gehen im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen Kommunalwahlen über die Bühne. Auch wenn das Saarland anders ticken mag als der große Rest im Bund: Psychologisch wirkt der jüngste Absturz im zweistelligen Prozentbereich wie ein böses Omen. Für seinen umstrittenen Reformkurs hat Gerhard Schröder alle Register gezogen. Bislang erfolglos. Zunächst hieß das Zaubermittel Franz Müntefering, der im Februar von Schröder den Chefposten der SPD übernahm. Die spektakuläre Aktion sollte einen Stimmungsumschwung bewirken. Aber der Nimbus Müntefering wirkt bis heute ausschließlich in die SPD hinein. Die Bürger nehmen davon kaum Notiz. Parallel dazu versucht es der Kanzler mit Prinzipienfestigkeit. Das scheinbar unerschütterliche Bekenntnis zu den angefeindeten Reformplänen auf dem Arbeitsmarkt soll sich zum rot-grünen Markenzeichen entwickeln. Doch das gelingt auch nur schwerlich, weil sich innerparteiliche Quertreiber wie Oskar Lafontaine eine Aufmerksamkeit verschaffen können, die ihren tatsächlichen Einfluss womöglich übersteigt. Für positive Schlagzeilen bliebe noch eine Kabinettsumbildung. Spekulationen darüber gab es schon vor der Sommerpause. Damals befand sich zum Beispiel Ulla Schmidt unter den Abschusskandidaten. Heute wäre es freilich ein fatales Signal, müsste die Gesundheitsministerin ihren Stuhl räumen. Schließlich zeigt ihre Reform erste positive Wirkungen. Das gilt übrigens auch für die Arbeitsmarkt-Gesetze. Arbeitsagenturen und Zeitarbeitsfirmen registrieren einen regelrechten Ansturm auf Niedriglohnjobs. Dabei sind die hoch umstrittenen Hartz-IV-Paragraphen noch gar nicht in Kraft. In solchen Tatsachen lässt sich so etwas wie einen Silberstreif für die SPD erkennen. Zumindest werden sie den Kanzler bestärken, weiter Kurs zu halten. Hinzu kommt ein Umstand, der auch schon bei früheren Landtagswahlen auffiel. Wer sich der SPD verweigert, wählt nicht automatisch eine andere Partei. Viele bleiben frustriert daheim. Damit sind noch nicht alle Türen zugeschlagen. Ein weiteres Plus aus SPD-Sicht: Die Union bekommt jetzt ebenfalls den rauen Hartz-Wind zu spüren. Überdies sind CDU und CSU von einem geschlossenen Reformkonzept für die sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen immer noch weit entfernt. Auch das mag manchen Genossen hoffen lassen. nachrichten.red@volksfreund.de

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