Das große Finale

BERLIN. Nervosität in Berlin: Heute soll die Macht zwischen Bund und Ländern neu verteilt werden.

Bundes- und Landespolitiker, Regierung und Opposition, Referenten und Journalisten, alle beschäftigten sich gestern mit der "Mutter aller Reformen" (CSU-Chef Edmund Stoiber). Heute will die Kombo (Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung) die Arbeit zu Ende bringen und den Föderalismus reformieren. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden und Skepsis zu verscheuchen, verbreiteten die maßgeblichen Politiker Optimismus. An erster Stelle Bundeskanzler Gerhard Schröder, und das ist bemerkenswert. Einmal hat die Bundesregierung in der Kombo nur Gaststatus, darf also nicht mitentscheiden. Zum zweiten hat der Kanzler im Hintergrund die Fäden gezogen - und er scheint mit dem Ergebnis zufrieden zu sein, obwohl es nur die Magerstufe erreicht hat. Nach einem Routine-Treffen mit den Ministerpräsidenten wollte sich Schröder keine Meinung entlocken lassen. Er sei an einem Erfolg der Kommission interessiert, sagte er lediglich. Wer wäre das nicht? Das Ziel ist bekannt: Die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern sollen entzerrt werden. Darf der Bundesrat jetzt noch bei 60 Prozent aller Bundesgesetze mitentscheiden, sollen es künftig nur noch 35 Prozent sein. Klar ist bislang: Besoldungs- und Beamtenrecht für Landesbeamte, Wohnungswesen, Versammlungsrecht, Ladenschluss, Gaststättenrecht und vieles mehr sollen auf die Länder übergehen. Der Bund soll allein zuständig sein für Atomrecht, Waffen- und Sprengstoffrecht, Melde- und Ausweiswesen, Währungs-, Münz- und Geldwesen, Zoll und Handelsverkehr, Post und Telekommunikation, Verteidigung und auswärtige Angelegenheiten. Die Ministerpräsidenten einigten sich auf folgende Linie: Der Bund soll eine kleine Zuständigkeit im umkämpften Bereich Bildung erhalten (bei der Hochschulzulassung und bei Studienabschlüssen). Studiengebühren wären demnach Sache der Länder. Dafür sind diese bereit, dem Bundeskriminalamt mehr Kompetenzen bei der Terrorbekämpfung einzuräumen. Ferner will man dem Bund das Umweltrahmenrecht zubilligen, damit der ein "Umweltgesetzbuch" verabschieden kann. Einig ist man sich auch bei der vom Bund geforderten Beteiligung der Länder an EU-Strafzahlungen bei Verletzungen des Stabilitätspaktes. Unklar blieb, welche Mitspracherechte die Länder in EU-Angelegenheiten haben sollen und ob der Solidarpakt II (Finanzhilfen für die neuen Länder bis 2019) im Grundgesetz verankert wird, wie die Ostländer das wünschen. Bundeskanzler Schröder sowie die Kombo-Vorsitzenden Stoiber und Müntefering (SPD) sind dagegen, aber möglicherweise wird doch ein Passus in die Verfassung eingefügt. Gestern Abend trafen sich Stoiber und Müntefering zum abschließenden Gespräch, dessen Ergebnis in den gemeinsamen "Vorschlag" einfließt. Die 32-köpfige Kommission will darüber ab heute beraten, und sie muss noch "schwere Felsbrocken aus dem Weg räumen" (Saar-Ministerpräsident Peter Müller), um den Durchbruch zu erzielen. Ein Scheitern wäre "schlecht für Deutschland", sagte Stoiber.

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