Der große Bruder

An manches hat der alte George Orwell in seinen Zukunfts-Fantasien ja gedacht, aber die satellitengestützte Überwachung von Kindern: So etwas Abartiges mochte nicht einmal dem Meister des Science-Fiction-Horrors einfallen.

An manches hat der alte George Orwell in seinen Zukunfts-Fantasien ja gedacht, aber die satellitengestützte Überwachung von Kindern: So etwas Abartiges mochte nicht einmal dem Meister des Science-Fiction-Horrors einfallen. Der Monitor neben dem Schlüsselbrett im Flur, der Alarm schlägt, sobald ein Kind die festgelegte Zone verlässt und dann wie bei einer polizeilichen Verfolgungsfahrt den jeweiligen Standort des Gejagten anzeigt: Das ist der Anfang vom Ende jeglichen Vertrauens zwischen Eltern und Kindern. Vor einigen Jahren wurde hierzulande diskutiert, ob es Verbrechern ohne Verletzung der Menschenwürde zumutbar sei, eine elektronische Fußfessel zu tragen. Bei Kindern scheint es solche Bedenken nicht zu geben. Man könnte die absurde, vom großen Bruder aus Amerika importierte Idee noch halbwegs verstehen, wenn sie denn in Sachen Sicherheit irgendeinen Nutzen hätte. Aber die intelligente, Technik begabte Kindergeneration von heute wird schnell herausfinden, wie man den kleinen Überwacher so auf dem Spielplatz deponiert, dass man in Ruhe in den Wald spazieren gehen kann. Und was die Hoffnung angeht, Straftaten zu verhindern? Da bleibt die traurige Erkenntnis, dass 90 Prozent der Gewalt-Verbrechen an Kindern im Elternhaus oder im familiären Umfeld begangen werden. Da nützt die beste Satelliten-Peilung wenig. d.lintz@volksfreund.de

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