Des Bischofs Mann fürs Grobe

Werbislang glaubte, die Katholische Kirche sei einVorzeige-Arbeitgeber, der seine Mitarbeiter vorbildlich behandeltund nur mit Samthandschuhen anfasst, sieht sich spätestens seitdem bistumsinternen Streit ums liebe Weihnachtsgeld einesBesseren belehrt. Allenfalls noch in Nuancen unterscheidet sichder Zwist zwischen dem Trierer Generalvikariat und demDachverband von 200 katholischen Mitarbeitervertretungen voneinem ganz normalen Tarifkonflikt. Verbale Muskelspiele,versteckte bis offene Drohungen, gezielte Konter und Tiefschläge- dieser Klaviatur bedienen sich längst nicht mehr nur weltlicheArbeitgeber und Gewerkschaften, um die Gegenseite einzuschüchternund die eigenen Interessen durchzusetzen. Dass dabei mitunterWunden gerissen werden und Fronten verhärten, gehört zumGeschäft: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Im TriererGeneralvikariat hat Verwaltungschef Werner Rössel den grobenHobel ausgepackt, obwohl der Streit ums Weihnachtsgeld noch garnicht entschieden ist, und das Bistum sogar alle Trümpfe in derHand hält. Das jedenfalls glaubt des Bischofs Mann fürs Grobe unddroht trotz seiner Siegesgewissheit für den Fall einerjuristischen Niederlage schon mal Nachtreten an. Dann nämlichsollen alle Erzieherinnen, Chorleiter und Küster auf ein paarEuro mehr in der Lohntüte verzichten, selbst jene, die dasabgespeckte Weihnachtsgeld klaglos akzeptiert haben. Dass einesolche Ankündigung des Generalvikars den 13 000 betroffenenMitarbeitern wie ein Tritt vors Schienbein vorkommen muss, istnur verständlich. Statt vorschnell Öl ins Feuer zu gießen, hätteRössel besser geschwiegen, bis der Zoff ums Weihnachtsgeldentschieden ist. So es sie überhaupt einmal gab, sind die Zeiten,in denen bei "Kirchens" noch Samthandschuhe getragen wurden, wohlendgültig vorbei. r.seydewitz@volksfreund.de

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