Deutsche Senioren als Wirtschaftsmotoren

Die Alterung der Gesellschaft wird gemeinhin unter düsteren Vorzeichen diskutiert: pflegebedürftig, gebrechlich, vergesslich. Dabei stehen die Senioren der Zukunft nach Überzeugung von Ursula von der Leyen auch für nie da gewesene Aktivität, Innovation und Konsumfreudigkeit.

Berlin. Die Alten sind äußerst wichtig für die Wirtschaft - zum Beweis hat die Bundesfamilienministerin eine Studie in Auftrag gegeben, die seniorengerechte Produkte und Dienstleistungen als "Wirtschaftsmotor" preist. Ein staatlich finanziertes Programm soll dafür sorgen, dass er richtig brummt. "Unternehmen stellen sich zunehmend auf den demografischen Wandel ein, aber insgesamt steckt der Seniorenmarkt noch in den Kinderschuhen", meinte die CDU-Politikerin bei der Vorstellung der Analyse in Berlin. Heute liegt der Anteil der über 50-Jährigen in Deutschland bei rund 37 Prozent. Dabei steht diese Bevölkerungsgruppe in wichtigen Gütergruppen wie Nahrungsmittel, Bekleidung und Reisen bereits jetzt für fast die Hälfte der Ausgaben. Den über 65-Jährigen bescheinigt die Expertise das höchste Wachstumspotenzial: Ihr Anteil am Gesamtkonsum steigt von knapp 18 Prozent auf etwas über 26 Prozent bis 2035. Nach Vorausberechnungen der Experten bilden die über 50-Jährigen dann das Potenzial für 58 Prozent der gesamten Konsumausgaben. Alle Jüngeren zusammen bringen es 2035 nur noch auf 42 Prozent. Zu diesem Zeitpunkt wird in Deutschland vorübergehend die älteste Bevölkerung der Welt beheimatet sein. Ein Phänomen, das dem Land sogar einen "Wettbewerbsvorteil" beschere, heißt es in der Studie. Zumindest muss sich die deutsche Wirtschaft schneller als anderswo auf veränderte Konsumgewohnheiten einstellen. Nach Erkenntnissen der Experten zeichnet sich für die Gütergruppen "Gesundheit" sowie "Reisen und Hotels" ein deutlicher Konjunkturschub ab, Rückgänge werden für die Bereiche Verkehr, Nahrung sowie Bekleidung und Tabak erwartet. In der Studie wird indes darauf verwiesen, dass die Kaufkraft der künftigen Alten wesentlich davon abhängt, wie sich hier zu Lande Wachstum und Arbeitsmarkt entwickeln. Bliebe es beim geringen Beschäftigungsgrad der Älteren, käme der Konsum-Motor garantiert ins Stottern. Darüber hinaus mahnt die Studie eine Abkehr von altersspezifischen Marketingstrategien an. Was zunächst verwunderlich klingt, fußt auf praktischer Erfahrung. So hatte ein Handy-Produzent unter ausdrücklichem Hinweis, der älteren Kundschaft etwas Gutes zu tun, ein Gerät mit extragroßen Tasten auf den Markt gebracht - ein Flop. Ein vergleichbares Konkurrenz-Handy ohne Verweis auf betagte Nutzer wurde dagegen zum Verkaufsschlager. Überflüssige Initiative Kostenträchtige Vorhaben sind Markenzeichen der Bundesfamilienministerin. Erst perfektionierte Ursula von der Leyen die alte SPD-Idee vom Elterngeld. Dann führte sie den Ausbau der Kinderbetreuung ins Feld. Jüngst machte sich die CDU-Frau für eine Anhebung des Kindergeldes stark, und weil all das so aussah, als vernachlässige sie die ältere Generation, soll nun auch sie zum Zuge kommen: Vier Millionen Euro will es sich von der Leyen kosten lassen, dass Rentner nicht auf maßgeschneiderte Waren und Dienstleistungen verzichten müssen. Sicher lassen viele Anbieter eine altersgerechte Sensibilität vermissen - wer etwa das Kleingedruckte auf einer Produktpackung studieren will, braucht schon als Jüngerer eine starke Brille. Die Beseitigung solcher Missstände ist jedoch einzig Sache der Wirtschaft. Sie selbst sollte schlau genug sein zu wissen, dass Senioren einen Wachstumsmarkt bilden. nachrichten.red@volksfreund.de

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