Die feindlichen Schwestern

Viele halten die rot-grüne Regierung in Berlin für eine Katastrophe. Unberechenbar, unsolides Handwerk, stümperhaft, nicht zu Ende gedacht, solche Attribute werden Schröders Mannschaft beileibe nicht nur vom politischen Gegner ans Revers geheftet.

Doch das trifft mindestens ebenso auf die Opposition zu. Was sich da seit Monaten zwischen Bayern und Berlin abspielt, ist mit Affentheater noch liebevoll umschrieben. Die beiden Schwesterparteien gebärden sich abwechselnd wie kleine trotzige Kinder, die aus völlig verschiedenen Familien kommen. Der Dauerstreit zwischen diesen feindlichen Verwandten lässt immer mehr Menschen glauben, dass auch die Union kein schlagkräftiges Konzept hat. Ob Finanz- und Steuerpolitik oder die Reformen im Bereich soziale Sicherung: CDU und CSU sind bei all diesen zukunftsweisenden Themen Lichtjahre voneinander entfernt, die Lösungsansätze so verschieden, dass es schwer fällt, gemeinsame Grundüberzeugungen der Unionsparteien aufzuspüren. Für diese Dauerfehde gibt es zwei entscheidende Gründe. Die nach wie vor offene Frage der Kanzlerkandidatur. Was reflexartig dazu führt, dass Edmund Stoiber an CDU-Vorschlägen kein gutes Haar lässt, Angela Merkel verfährt umgekehrt mit CSU-Äußerungen genau so. Es geht um die Machtfrage an der Spitze der Union, da hat Friedrich Merz völlig Recht. Solange die nicht entscheiden ist, wird keine Ruhe an der schwarzen Front einkehren. Und es fehlt der Druck zur Einigung. Als Opposition lässt sich gut fordern, folgenlos schwafeln, genüsslich zanken. Man muss keine Gesetze beschließen, keine Reformen auf den Weg bringen, keine unangenehmen, folgenreichen Vorhaben verteidigen. So plappert jeder beliebig viel und zum Teil erschreckend viel Unsinn. Die allzu selbstbewussten Bayern sind da besonders forsch. Das wird sich schlagartig erst dann ändern, wenn die K-Frage entschieden ist. d.schwickerath@volksfreund.de

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