Eichels letzte Chance

Schon jetzt ist abzusehen, dass Minister Eichel im November einen neuen Offenbarungseid leistenmuss. Wenn die Steuerschätzer ihre Zahlen vorlegen, werden angesichts der konjunkturellen Lage und der hohen Arbeitslosigkeit wieder Milliarden in den öffentlichen Kassen fehlen - 2005 drohen damit neue Haushaltslöcher, neue Schulden und der Bruch des EU-Defizitpaktes zum vierten Mal in Folge.

Der Minister muss gegensteuern. Denn der Währungs-Musterschüler ist zum Dauersünder und damit zum europäischen Stabilitätsrisiko geworden. Also raus aus dem finanzpolitischen Sumpf - aber wie? Will Eichel noch ernst genommen werden, bleibt ihm nur der Befreiungsschlag im milliardenschweren deutschen Subventionswesen mit einer neuen Giftliste. Das wird wehtun, aber es ist die einzige Chance, um kurzfristig haushaltspolitische Gestaltungsspielräume zurück zu gewinnen. Die Etats seiner Ministerkollegen hat der Hesse schließlich schon ausgepresst, und die Steuersenkungen Anfang 2005 nicht zu kippen, ist ökonomisch richtig. Eichels Problem ist jedoch: Für ein Sparpaket bräuchte er die Union im Bundesrat, die zur Blockade neigt. Die Landtagswahlen und die Bundestagswahl werfen ihre Schatten zudem bereits voraus. Dennoch: Nicht nur Eichel steht unter Druck angesichts des Kassenchaos, die Union ebenso. Und sei es nur aus staatspolitischer Verantwortung. nachrichten.red@volksfreund.de

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