Erfolg mit Nebenwirkung

Frankreichs Staatspräsident hat den Europäern mal richtig gezeigt, wo es langgeht. Mit seinem "Non" zur EU-Agrarreform hat er bei seinen Landwirten eine Menge Punkte gemacht. Und auch den anderen Franzosen hat er bewiesen, dass die Grande Nation ein gewichtiges Wort zu sagen hat, wenn es um Europa geht.

Doch jenseits der Klientel-Politik hat er mit seinem Veto gegen eine realitätsnähere Agrarpolitik der gesamten EU - und damit auch Frankreich - geschadet. Dem Druck der wohlorganisierten Bauernschaft nachzugeben, scheint für Chirac die einfachste Methode zu sein, unliebsamen Bauernprotesten aus dem Weg zu gehen. Schließlich ist mit den rustikal zu Werke gehenden gallischen Bauern nicht gut Kirschen essen, die schon mal ein paar LKW anzünden und die Straßen blockieren. Frankreichs Präsident sollte sich jedoch angesichts seiner Politik auf eine Dauer-Blockade gefasst machen. Sobald nämlich die neuen EU-Länder mit ihren billig produzierten Lebensmitteln ungehindert den Butterbergen die Krone aufsetzen und den Milchseen unbekannte Tiefen verschaffen, ist es mit der Komfort-Behandlung nicht nur der französischen Landwirtschaft schnell zu Ende. Für diesen Fall muss Europa gewappnet sein. Auch um den Preis, dass in der Landwirtschaft ein stückweit Gesetze der Marktwirtschaft zur Anwendung kommen. Es ist eben eine logische Konsequenz, dass man eine Kuh nur so lange melken kann, wie Milch aus dem Euter fließt. Und diese Milch versiegt noch schneller, wenn gleich mehrere Melker der Kuh nach dem Euter trachten. h.jansen@volksfreund.de

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