Es gibt keinen Verlierer

Das Fernseh-Duell ist noch nicht zu Ende. Denn jetzt flöten lautstark die schwarzen und roten Blender dem Wähler das Liedchen vom Sieger und der Siegerin ins Ohr. Betrachtet man allerdings die Ausgangslage beider Kontrahenten, ist es sogar richtig, dass es keinen Verlierer gibt.

Das Fernseh-Duell ist noch nicht zu Ende. Denn jetzt flöten lautstark die schwarzen und roten Blender dem Wähler das Liedchen vom Sieger und der Siegerin ins Ohr. Betrachtet man allerdings die Ausgangslage beider Kontrahenten, ist es sogar richtig, dass es keinen Verlierer gibt.Angela Merkel hat gewonnen, weil ihre geschickt angelegte Medien-Strategie perfekt aufgegangen ist. Vor dem Fernseh-Duell ließ die Kanzlerkandidatin der Union öffentlich kräftig tief stapeln, was ihre Chancen gegen den so geschmeidigen Amtsinhaber angeht. Jetzt heißt es allseits mit Respekt, sie ist nicht untergegangen, sie hat sich besser als erwartet geschlagen. Mehr wollte das Merkel-Lager doch gar nicht erreichen.

Gerhard Schröder wiederum hat gewonnen, weil er seiner Rolle als Favorit durchaus kompetent gerecht geworden ist. Die Umfragen belegen dies. Und weil der "Gedöns"-Macho von einst eben nicht der Versuchung erlegen ist, sich zu sehr auf dem Niveau des Mann-Frau-Spielchens zu duellieren. Also, unterm Strich gibt es zwei Sieger, die eines erfüllt haben: ihre eigenen Ansprüche und die ihrer Parteifreunde. Beide hatten dabei starke Momente genauso wie schwache. So ist Politik. Der dritte Sieger, und damit der wahre Gewinner, ist das Fernseh-Duell an sich. Auch wenn es seine Kritiker nicht wahrhaben wollen, dieses spannende Format des Schlagabtauschs ist aus dem bundesdeutschen Wahlkampf nicht mehr wegzudenken. Das ist gut so. Denn 20 Millionen Zuschauer belegen den enormen, mobilisierenden Effekt des Spektakels. Mag sein, dass der Einfluss auf die Wahlentscheidung tatsächlich gering ist; oder dass die Inszenierung von der Frisur bis zur Krawatte, von der Körpersprache bis hin zur Satzbetonung ein hohes Maß des Verstellens bei den Kandidaten beinhaltet. Authentizität gibt es aber erstens vor Fernsehkameras grundsätzlich nicht. Und zweitens weckt das Duell nun mal eine riesige Neugierde, es politisiert immens. Offenbar schafft es somit das Fernsehen, was Politik kaum noch gelingt: dass sich mehr Menschen doch noch für die aktive Bürgerrolle entscheiden. Und wenn es nur über die Fernbedienung ist, um sich einmal zumindest im Wahlkampf einen Eindruck über den zu verschaffen, der unbedingt ins Kanzleramt will. Das Duell ist also zweifellos ein belebendes Moment der Demokratie geworden. Ob der Wähler am Ende schlauer ist oder nicht, wird dadurch nebensächlich. Es gibt aber auch Verlierer der Veranstaltung: Das sind eindeutig die Moderatoren. Vier aus Gründen des Proporzes sind zwei zu viel. Es fehlte die Stringenz der Fragen, es fehlte die Lust am Unterbrechen, und es fehlte an einigen Stellen sogar die Kompetenz. Wollen die Sender sich, den Kandidaten und insbesondere dem Wähler künftig einen Gefallen tun, bleibt nur eines: An dieser Stelle muss das Konzept klar verändert werden.

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