Kasters Kampf gegen den "Lügenbaron"

BERLIN. Darf ein Regierungssprecher ungestraft lügen? "Nein", meint zumindest Triers CDU-Mann in Berlin, Bernhard Kaster. Kurioserweise steht Kaster mit dieser Ansicht allerdings ziemlich alleine da.

Bernhard Kaster fährt in diesen Tagen scharfe verbale Geschütze auf, und seine Attacken sind immer auf den selben Mann gerichtet: des Kanzlers Regierungssprecher Bela Anda. Mal nennt Kaster ihn "Lügensprecher", dann einen "amtlichen Lügenbaron", alternativ einen "lügenden Regierungssprecher". Starker Tobak, selbst für gestandene Politiker, die sich gegenseitig gerne so manche Nettigkeit an den Kopf werfen. Die Geschichte, die dahinter steht, ist rasch erzählt und liegt fast drei Jahre zurück. Der Kanzler besuchte damals seinen "Freund" George W. Bush in Washington, ein "Bunte"-Fotograf fotografierte. Weil der Journalist noch länger in den USA blieb, bat er seinen Ex-Kollegen aus gemeinsamer "Bild"-Zeit und damaligen Vize-Regierungssprecher Bela Anda, die Foto-Diskette mit nach Deutschland zu nehmen. Dort sollte Anda sie per Kurier an die "Bunte" weiterleiten. Doch bei der Illustrierten kam die Diskette mit rund 160 Aufnahmen nie an. Warum nicht, erklärte Anda mehrfach anders: Zunächst wollte er die Foto-Diskette gar nicht bekommen haben. Dann sagte er, sie sei ihm gestohlen worden und schließlich, letzte Version: Er habe sie schlicht verloren. Der Fotograf fand das gar nicht lustig, verklagte Andas Arbeitgeber, die Bundesrepublik Deutschland, auf Schadenersatz (für das entgangene Honorar) und 10 000 Euro Schmerzensgeld (für den beschädigten Ruf). Vergeblich: Das Berliner Landgericht wies die Klage des Bonner Fotojournalisten diese Woche zurück. Begründung: Der heutige Regierungssprecher habe damals in Washington nicht "in Ausübung" seines Sprecherpostens gehandelt, sondern "bei Gelegenheit". Will heißen: Nicht der Regierungssprecher Bela Anda transportierte die Foto-Diskette (oder transportierte sie vielleicht auch nicht), sondern die Privatperson. Folglich ist auch die Bundesrepublik der falsche Adressat für die Klage. Der unterlegene Fotograf ist jetzt sauer, kündigte an, gegen das Berliner Urteil in Berufung einzulegen und notfalls sogar bis vor den Bundesgerichtshof zu gehen. Anders Andas Anwalt Peter Raue. Der Jurist findet den Richterspruch gut, schließlich sei der Botendienst seines Mandanten eine Gefälligkeit gewesen, keine Amtshandlung. Und deshalb gelte auch: "Lügen ist nicht strafbar." Genau dieser Satz bringt CDU-Mann Bernhard Kaster auf die Palme. "Es ist nicht zumutbar, dass unser Land von einem amtlichen Lügenbaron verschaukelt wird", poltert der Trierer und fordert schon seit Tagen den Rausschmiss Andas. Bis dato vergeblich: "Die Bundesregierung sieht keinen Anlass, Konsequenzen zu ziehen", konterte Justiz-Staatssekretär Alfred Hartenbach am Mittwoch eine Dringlichkeitsanfrage des Christdemokraten von der Mosel. Kaster, als Haushälter pikanterweise Hauptberichterstatter für das Bundespresseamt (Chef: Bela Anda), will sich damit nicht abfinden: "Ich gebe keine Ruhe", sagte er gestern unserer Zeitung, "ein Lügensprecher ist nicht tragbar". Der streitbare CDU-Mann will jetzt geklärt haben, wie oft der Regierungssprecher während seiner Amtszeit noch öffentlich gelogen habe. Eher unwahrscheinlich, dass Kaster darauf je eine Antwort bekommen wird. Und auch die Frage, wo die verschwundene Foto-Diskette denn nun geblieben ist, wird wohl nie geklärt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort