Kein Geld für Wohltaten

Endlich ist die Katze aus dem Sack: Kommt die Union Mitte September an die sehnlich herbeigesehnte Macht, steigt die Mehrwertsteuer und sinken die Lohnnebenkosten. Im Staatssäckel soll sich der erste Reformschritt nicht bemerkbar machen: Mehr-Einnahmen bei der Steuer und Minder-Einnahmen bei der Arbeitslosenversicherung halten sich in etwa die Waage.

Endlich ist die Katze aus dem Sack: Kommt die Union Mitte September an die sehnlich herbeigesehnte Macht, steigt die Mehrwertsteuer und sinken die Lohnnebenkosten. Im Staatssäckel soll sich der erste Reformschritt nicht bemerkbar machen: Mehr-Einnahmen bei der Steuer und Minder-Einnahmen bei der Arbeitslosenversicherung halten sich in etwa die Waage. Leute mit Job mag das Sofortprogramm daher weitgehend kalt lassen, Arbeitgeber wird es freuen. Anders sehen werden das Arbeitslose oder einkommensschwache Familien mit Kindern: Für diese Gruppen wird der schon heute nicht oder kaum noch bezahlbare Lebensunterhalt künftig noch teurer. Schlechte Aussichten für die ohnehin seit Jahren schwache Binnennachfrage, den größten Hemmschuh der deutschen Konjunktur. Die Union nimmt das in Kauf, will stattdessen durch niedrigere Lohnnebenkosten und eingeschränkte Arbeitnehmer-Rechte die Massenarbeitslosigkeit bekämpfen. Sind erst einmal mehr Menschen in Lohn und Brot, kommt der Rest – Massenkaufkraft und gut gefüllte Sozialkassen – ganz von alleine, glauben CDU/CSU. Falls nicht, hat auch die Regierung in spe das gleiche Problem wie die jetzige: Der Staat ist finanziell am Ende und hat für Wohltaten, etwa die von der Union für 2007 vollmundig angekündigte neue Steuerreform, kein Geld. Vieles im CDU/CSU-Wahlprogramm ist nicht zuletzt deshalb noch unausgegoren und vage formuliert – beispielsweise die geplante Einführung einer Gesundheitsprämie, die den Staat weitere Milliarden kosten würde. Wo das Geld dafür herkommen soll, steht noch in den Sternen. Was im Wahlprogramm der Union über die für Anfang 2006 angekündigte Mehrwertsteuer-Erhöhung hinausgeht, ist von daher nicht mehr als eine Absichtserklärung von Merkel & Co. Die Realität wird – wie bei allen Vorgänger-Regierungen auch – hinterher anders aussehen. Und der vermeintlich neue alte Koalitionspartner FDP wird die Steuer-Kröte der Union so rasch geschluckt haben, wie er jetzt noch gegen sie polemisiert. r.seydewitz@volksfreund.de

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