Lafontaine kehrt SPD den Rücken

B erlin . Oskar Lafontaine, langjähriger Hoffnungsträger und Vorsitzender der SPD, will die Partei verlassen. Nach dem tiefgreifenden Zerwürfnis mit der Berliner SPD-Spitze sieht er nach Informationen unserer Zeitung für sich keine Zukunft mehr in der SPD.

Es wird damit gerechnet, dass Lafontaine nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW) in die neue Linkspartei "Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit" (WASG) eintreten wird. Lafontaine selbst bestätigte gegenüber unserer Zeitung entsprechende Überlegungen. Er werde der SPD den Rücken kehren, wenn sich an der Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder nichts ändere. "Das ist entschieden, daran gibt es nichts mehr zu rütteln." Er könne die rot-grüne "Politik des Sozialabbaus" nicht länger vertreten. Lafontaine fügte hinzu, er sei nicht vor nahezu 40 Jahren in die SPD eingetreten, um für die "brutale Enteignung der Arbeitnehmer" seine Hand zu heben. Die Politik der Regierung Schröder/Fischer habe nichts mehr mit seinem Verständnis von sozialdemokratischer Politik zu tun. Da die rot-grüne Bundesregierung ebenso wie die Berliner SPD-Führung um Parteichef Franz Müntefering fest entschlossen ist, den "Reformkurs" fortzusetzen, gilt Lafontaines Abgang als sicher. Zu dessen Trennungsabsichten wollte sich in der SPD niemand konkret äußern. Müntefering wurde intern lediglich mit der Aussage zitiert: "Reisende soll man nicht aufhalten." Lafontaine, der sich auch mit vielen seiner ehemaligen Freunde aus der Saar-SPD entzweit hat, wollte schon im Vorfeld der saarländischen Landtagswahl 2004 mit einer "neuen Linkspartei" antreten. Er sah darin nach eigener Aussage "die einzige Möglichkeit, den Wahlsieg der Saar-CDU zu verhindern". Allerdings seien die Gespräche über eine alternative Liste im Sande verlaufen, schrieb Lafontaine in seinem neuen Buch "Politik für alle", in dem er seinen Austritt aus der SPD bereits andeutete: Wenn die SPD auf Schröder-Kurs bleibe, "dann werden sich Sozialdemokraten und Gewerkschaftsmitglieder entscheiden müssen, ob sie ihrer Organisation oder ihrer Überzeugung treu bleiben wollen". Er selbst, sagte Lafontaine gegenüber unserer Zeitung, wolle seiner Überzeugung treu bleiben. Dem Vernehmen nach überlegen auch andere Genossen wie Franz Steinkühler und Otttmar Schreiner, ob sie den Schritt zur WASG wagen sollen.

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