Lehre für die Mehrheit

Die Gewissheit über ihre übergroße Mehrheit verleitet die Bundesregierung zur Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Bundestag. Oppositionspolitiker beklagen schon länger, dass sie in Ausschüssen vor vollendete Tatsachen gestellt werden und parlamentarische Spielregeln plötzlich nicht mehr gelten.

Vor diesem Hintergrund kann die politische Debatte über den Einsatz deutscher Aufklärungs-Tornados in Afghanistan ganz heilsam sein. Im Dezember ging bei der Bundesregierung die offizielle Anfrage der Nato nach einer Bereitstellung der Maschinen ein. Mit großer zeitlicher Verzögerung wurden dann die zuständigen Abgeordneten im Bundestag darüber informiert. Hinzu kam, dass führende Koalitionsvertreter wie Peter Struck ein entsprechendes Parlamentsmandat zunächst als überflüssig verwarfen, ohne sich damit eingehend beschäftigt zu haben. Derlei Selbstherrlichkeit brachte nicht nur die Opposition auf die Barrikaden. In den Reihen der Koalition ist der Unmut ebenfalls mit Händen zu greifen. Die jüngste Afghanistan-Debatte im Plenum war der Beleg für diesen konzertierten Unmut. Die Regierung kann eben nicht schalten und walten, wie sie will. Gerade der Einsatz deutscher Bundeswehr-Soldaten im Ausland erfordert einen sensiblen Umgang. Schließlich ist die Bundeswehr keine Regierungs-, sondern eine Parlamentsarmee. Selbst wenn ein Tornado-Einsatz vom geltenden Afghanistan-Mandat formal gedeckt wäre, so markiert er doch eine qualitativ neue Lage für unsere Soldaten. Das Parlament muss die Möglichkeit haben, breit darüber zu diskutieren und sich am Ende klar zu positionieren. Der Tornado-Streit sollte der Mehrheit eine Lehre sein. nachrichten.red@volksfreund.de

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