Mehr Wohlstand für alle

Die SPD arbeitet an der Rückgewinnung der eigenen Identität. Die Verunsicherung, genährt aus der doppelten Umklammerung der großen Koalition einerseits und der neuen Konkurrenz von links andererseits, könnte einem neuen Selbstbewusstsein weichen.

 Werner Kolhoff.

Werner Kolhoff.

Foto: Iris Maurer

Die Linke kämpft, kurz gesagt, um mehr Geld für die Arbeitslosen. Um Gewinnabschöpfung zu Gunsten der Schwächeren. Um mehr staatliche Transfers. Gegen ihre Forderungen kann die SPD nie und nimmer konkurrieren, denn woher die Milliarden kommen, ist der Linken im Zweifel egal. Die SPD kann und muss dagegen sagen: Wir kämpfen um sichere Arbeitsplätze, Chancengleichheit und die faire Verteilung des Erarbeiteten. Wir sichern mehr Wohlstand für alle. Deshalb muss die Wirtschaft brummen, aber deshalb müssen jetzt auch alle etwas vom Aufschwung haben. Das kann die Generallinie der Sozialdemokraten sein. Die Frage ist nur, ob die SPD wirklich so selbstbewusst ist. Wäre sie das, würde sie zu den Reformen der Agenda 2010 stehen, vor allem zu den Arbeitsmarktreformen. Wäre sie das, würde sie in den Sozialsystemen nicht nur - richtigerweise - mit der Bürgerversicherung die Beteiligung aller Einkunftsarten an der Finanzierung verlangen, sondern auch mehr Wettbewerb, Effizienz und Verantwortung. Wäre sie das, würde sie eine neue Steuerreform thematisieren, was bisher nur Wirtschaftsminister Glos tut, weil die Arbeitnehmer bei steigenden Löhnen durch die Progression immer weniger vom Netto haben.

Noch hat die SPD den größeren Mut auf der sozialen Seite. Die andere, die der wirtschaftlichen Dynamik und der Eigenverantwortung der Menschen, betreibt sie nur verschämt. Diese mangelnde Konsequenz ist die größte Schwäche der SPD im Umgang mit der Linken. Und sie schwächt die Sozialdemokraten zugleich in der Auseinandersetzung mit der Union, wenn es um die Frage geht, wer besser für eine florierende Wirtschaft sorgen kann. Die vorgeschlagene Mitarbeiterbeteiligung über einen Deutschlandfonds ist gut, aber sehr vom Sicherheitsdenken geprägt. Ihr fehlt die Möglichkeit der stärkeren Identifikation mit der eigenen Firma. Ihr fehlt Vertrauen in die Wirtschaft. Wenn die Union, wie zu erwarten, Konzepte vorlegt, die die direkte Beteiligung am eigenen Unternehmen praktikabler machen, sollte die SPD sich nicht verschließen. Ein Kompromiss könnte im Prinzip der Freiwilligkeit liegen: Jene Arbeitnehmer, die das Risiko nicht scheuen, werden bei ihrer Beteiligung am eigenen Unternehmen genauso gefördert, wie jene, die ihr Geld lieber im Deutschlandfonds anlegen. Kurt Beck hat mit seinem Vorschlag der Debatte Schwung gegeben. Nun sollte er mit dafür sorgen, dass noch in dieser Legislaturperiode etwas Konkretes für die Beschäftigten dabei herauskommt. nachrichten.red@volksfreund.de

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