Mutlose Brüder

Hier etwas weniger, dort ein bisschen mehr - und das Ganze dann nach Möglichkeit schlank und effizient: Nach diesem halbherzigen Motto wird Bürokratieabbau und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz nicht funktionieren.

Doch genau das steht offenbar zu erwarten, wenn die Vorstellungen von Regierungschef und Oppositionsführer in Mainz konkreter werden sollen. Von mutigen Plänen keine Spur, obwohl jeder weiß, dass die finanzielle und demographische Entwicklung enorme Herausforderungen bringen wird. Geht es um eine neue Aufteilung von Aufgaben, Zuständigkeiten und Verwaltungsgrenzen, zieht sich ein Riss quer durch die meisten Parteien. Sicher: Beck und Böhr haben beide den Widerstandsfaktor heftig im Blick und zucken deshalb auch bei vielem zurück. Eine umfassende Behörden- und Gebietsreform wird angesichts einer politisch stärker mobilisierten Bürgerschaft nicht mehr so vergleichsweise reibungslos über die Bühne zu bringen sein wie Ende der 60-er Jahre. Zudem geht es entscheidend um Macht und Einfluss. Doch wenn Bürokratie abgespeckt werden soll, müssen viele über ihren Schatten springen. Kleine Ortschaften mit wenigen Dutzend Einwohnern sind kaum mehr mit eigener Selbstverwaltung zu halten. Bei Verbandsgemeinden muss nicht nur die Größe, sondern auch die politische Funktion auf den Prüfstand, wenn sie nur noch als reine Dienstleister gesehen werden. Das Land sollte Einfluss abgeben und bei Mittelbehörden wie Struktur- und Genehmigungsdirektion sowie Landesämtern Aufgaben auf die Kreise übertragen. Nur so werden die vielen mehrfachen Zuständigkeiten aufgehoben, die das Behördendickicht wuchern lassen. Am Ende muss der Bürger allerdings auch damit leben können, dass in Daun etwas anders entschieden wird als in Saarburg. Doch zu befürchten ist, dass damit die Zahl der mutlosen Brüder weiter wächst. Auch wenn man nicht mit der Axt an die Statik des gesamten Verwaltungsaufbaus gehen kann, an dem ein oder anderen Behördenstuhl muss dennoch gesägt werden. nachrichten.red@volksfreund.de

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