Nicht mehr konkurrenzfähig

Berlin . Peer Steinbrücks Pläne, den Biodiesel zu besteuern, sorgen für erheblichen Wirbel: Alle Dieselfahrer wären betroffen.

Auf Millionen Dieselfahrer in Deutschland kommt womöglich eine happige Preiserhöhung zu, sollten Pläne von Peer Steinbrück (SPD) Wirklichkeit werden, Biodiesel-Kraftstoff erstmals zu besteuern. In einem Entwurf des Bundesfinanzministeriums für ein Energiesteuergesetz ist vorgesehen, auf reinen Biodiesel ab dem 1. August einen Steuersatz von mindestens zehn Cent je Liter zu erheben, herkömmlicher mineralischer Diesel mit Biodiesel-Beimischung sowie Pflanzenöl sollen demnach gar mit 15 Cent je Liter belastet werden. Insgesamt werden in Deutschland jährlich etwa 29 Millionen Tonnen Diesel verbraucht. Bundesweit wurden im vergangenen Jahr rund 1,2 Millionen Tonnen Biodiesel abgesetzt. Die insgesamt steigenden Kraftstoffpreise lassen die Nachfrage nach bislang günstigem Biodiesel erheblich wachsen. Zehn Prozent der produzierten Biodiesel-Menge landen bei den inzwischen 1900 Biodiesel-Tankstellen in Deutschland, die vor allem von mittelständischen Mineralölunternehmen betrieben werden. 40 Prozent gehen an Speditionen oder große Fuhrparks, die zum Teil komplett mit preiswertem Biodiesel fahren oder kräftig beimischen. Und 40 bis 45 Prozent der Jahresproduktion nehmen seit dem vergangenen Jahr die großen Mineralölkonzerne ab, sie mischen ihrem herkömmlichen Dieselkraftstoff inzwischen ebenfalls bis zu fünf Prozent preiswerten Biodiesel bei. Ab 1. Januar 2007, so die Pläne der schwarz-roten Koalition, soll die Biodiesel-Beimischung im normalen Dieselkraftstoff auch aus umweltpolitischen Gründen sogar zwingend vorgeschrieben werden. Biodiesel wird zu 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt. Er gibt bei der Verbrennung im Motor etwa so viel Kohlendioxid ab, wie die Pflanze beim Wachstum aufgenommen hat. Biodiesel verringert die Kohlenwasserstoff-Emission, ist nahezu schwefelfrei und enthält kein krebs erregendes Benzol. Der Grund für die Erfolgsfahrt von Biodiesel ist einfach: Er ist deutlich billiger, weil auf ihn bislang keine Mineralölsteuer erhoben wird. Nach Aussage des Finanzministeriums ist die von Minister Steinbrück (SPD) geplante Besteuerung von Biodiesel "aus EU-rechtlichen Gründen notwendig". Deutschland sei gehalten, "Überkompensation" bei der Förderung von Biokraftstoffen zurückzuführen, sagt Ministeriumssprecher Torsten Albig. Je nach Reinheitsgrad des Biokraftstoffs gebe es heute in Deutschland eine Überkompensation von fünf bis zehn Cent je Liter. Diese ist laut Albig EU-rechtlich auszugleichen. Würden ab 1. August tatsächlich zehn Cent Mineralölsteuer verlangt, könnte dies das Aus für den Biodiesel an der Zapfsäule bedeuten. Denn pflanzlicher Biodiesel kostet heute an der Tankstelle rund 98 Cent bis einen Euro. Für herkömmlichen mineralischen Diesel muss der Autofahrer dagegen 1,08 bis 1,10 Euro pro Liter bezahlen. Würde der Biosprit mit zehn Cent Mineralölsteuer belastet, wäre er somit nicht mehr konkurrenzfähig. Denn Dieselautos, die mit Biosprit fahren, haben einen leicht höheren Verbrauch. Der Bundesfinanzminister verspricht sich von seiner geplanten Besteuerung der Biokraftstoffe jährliche Mehreinnahmen von fast 400 Millionen Euro. Es gibt ersten Protest. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) wird mit dem Satz zitiert: "So kann der das nicht machen." Und Agrarminister Horst Seehofer (CSU) sieht "erheblichen Verhandlungsbedarf". Die geplante Besteuerung berge die große Gefahr, dass die Einsatzmöglichkeiten von Bio-Treibstoffen erheblich eingeschränkt werden würden. "Das muss auf jeden Fall verhindert werden." Andernfalls würden die vielen Initiativen gebremst, Bio-Treibstoffe zur Massenproduktion zu bringen. Der ADAC warnte, eine Steuer könne "das Aus für den Biodiesel bedeuten". Auch die geplante Mineralölsteuer von 15 Prozent auf beigemischten Biodiesel lehnte der Autoclub strikt ab. Wenn jetzt auch der Biodiesel-Anteil besteuert werde, dürfte sich Dieselkraftstoff - auch wegen der anteiligen Mehrwertsteuer - weiter deutlich verteuern. Das aber wäre für alle Autofahrer angesichts der horrend hohen Spritpreise unzumutbar.

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