Respektabler Abgang

Wenn Helmut Kohl der "ewige Kanzler" war, dann war Christoph Böhr der "ewige Fraktionschef": Mehr als 15 Jahr lang führte er die Christdemokraten im Trierer Stadtrat - die Kontinuität in Person, die in der Anzahl an Dienstjahren gar die ebenfalls auf diesem Posten sehr ausdauernden Vorgänger seit 1945 (Peter Zettelmeyer, Martin Kalck, Robert Zingen) übertraf. Der bevorstehende Rückzug kommt plötzlich, aber für Beobachter der Trierer Polit-Szene nicht ganz überraschend. Böhrs Abgang verschafft dem Nachfolger die Gelegenheit, sich mit Blick auf die Kommunalwahl am 13. Juni 2004 zu profilieren. Mit dem selben Argument hatte sich Böhr-Vorgänger Zingen 1988 aus der Fraktionsspitze zurückgezogen. Gravierender Unterschied zu damals: Zingen hatte seinen "Kronprinzen" kontinuierlich aufgebaut, Böhr hingegen hatte Pech mit der Nachfolge-Regelung. Erst ging ihm 1997 Spezi Bernhard Kaster von der Fahne (nach fünf Bürgermeister-Jahren in Trier-Land heute Bundestagsabgeordneter), dann wechselte 2002 Ulrich Holkenbrink als Kulturdezernent in Triers Stadtvorstand. Dass Böhr nun den strammen, aber über die Stadtgrenzen wenig bekannten Parteisoldaten Bertrand Adams auf den Schild hievt, spricht nicht für große personelle Alternativen. Ob der Fleischermeister aus Ehrang ein geeigneter Kapitän für den großen "Dampfer Mehrheitsfraktion" (24 von 52 Sitzen) ist und Triers omnipotentem Strippenzieher und "ewigen Oberbürgermeister" Helmut Schröer (seit 1989 im Amt) Paroli bieten kann, wird sich rasch herausstellen. Notfalls kann er aber jemanden fragen, der sich damit auskennt: Böhr will sein Ratsmandat bis zum Ende der Legislaturperiode behalten. r.morgen@volksfreund.de

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