Sag’ niemals nie!

Konfuzius sagt: "Wenn die Sprache nicht stimmt, dann ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist." Hmmh. Dem schlauen Chinesen ging es vor zweieinhalb Jahrtausenden um Wahrheit, Erkenntnis und das Ideal des edlen Menschen.

Er formulierte seine Lehre als Antwort auf eine tiefe Krise der Gesellschaft. Olle Kamellen? Verstaubtes Geschwätz? Philosophen-Blabla? Mitnichten. Konfuzius' Weisheit ist ausgesprochen heutig. Von seiner Gedankenwelt führt eine direkte Linie zu den großen Geistern der Jetztzeit - Menschen wie Angegerd Schrörkel, Guidmund Stoibwelle und Joschkar Lafoscher, die sich im Ringen um Wahl-Verwandtschaften in der allmählichen Verfertigung von Gedanken üben - und nebenbei allerlei pseudophilosophische Kapriolen schlagen. Keine Macht für niemand: Zwischen "Weiter so!" und "Durchregieren!" haben sich die deutschen Wähler entschieden für: Kopf-unter-die-Bettdecke-und-bloß-nicht-mehr-bewegen. Nichts ist mehr wie es war in der einst wohlsortierten Republik, und keiner weiß, wie zusammenwachsen soll, was nicht zusammen gehört. Also wird sondiert, probiert und abgeschmeckt. Und siehe da: Inmitten der Wirrnis entdeckt die Polit-Kaste - das Denken! Angegerd Schrörkel, Guidmund Stoibwelle und Joschkar Lafoscher werden nicht müde, ihre plötzliche Erkenntnis in Worte zu fassen: neu denken, anders denken, das Undenkbare denken, quer denken, positiv denken, alternativ denken, den Anfang denken, die Zukunft denken, um die Ecke denken, in neuen Dimensionen denken - die große Koalition der Wörter ist längst besiegelt. Ungewöhnlich gut unterrichtete Kreise berichten, dass die Berater von Angegerd Schrörkel, Guidmund Stoibwelle und Joschkar Lafoscher angesichts der schier ausweglosen Lage in einem Lexikon für Krisenmanager blätterten. Dort fanden sie Sätze wie: "Ein Problem besteht, wenn von einem gegebenen Ausgangszustand aus ein gewünschter Zielzustand nicht ohne weiteres erreicht werden kann." Oder: "Die zwischen Ist- und Soll-Zustand liegende Barriere muss beseitigt werden. Hierzu sind Denkprozesse erforderlich." Aha. Denkprozesse - eine Problemlösungs-Methode, die in der Politik gemeinhin selten vorkommt. Aber: Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. Und so hirnen Angegerd Schrörkel, Guidmund Stoibwelle und Joschkar Lafoscher gut eine Woche nach dem Wahl-Schock um die Wette. Nicht etwa, dass sie nun sagen, was sie meinen. Immerhin aber merken sie, dass das, was sie zuvor als ganz und gar undenkbar (!) ausgeschlossen haben, vielleicht doch, na ja, eventuell, aber nur, wenn... Konfuzius rät: Sag' niemals nie! Oder war das James Bond? p.reinhart@volksfreund.de

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