Umdenken

Die fetten Jahre sind vorbei. Ein niedergelassener Arzt verdient längst nicht mehr so gut wie noch vor 20 Jahren. Daher ging es beim gestrigen Protest auch gar nicht darum, ob sich ein Mediziner statt zwei nur noch einen Porsche leisten kann.

Für viele gehen die Honorareinbußen tatsächlich an die Existenz. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Ärzte selbst das neue, seit April geltende Vergütungssystem mitbeschlossen haben. Sie wollten, dass ihre Leistungen gerechter, nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben, honoriert werden. Die Honorarzahlungen der Kassen an die ärztliche Selbstverwaltung wurden nicht reduziert, sie werden unter den Ärzten nur anders verteilt. Dass es dadurch Gewinner und Verlierer, wie etwa die ambulanten Operateure, geben wird, war klar. Jetzt erst merken die meisten Doktoren aber, was das tatsächlich in Euro und Cent bedeutet, und dass es in der Tat für einige herbe Einbußen gibt. Und noch etwas wird deutlich: Seit der Fusion der Kassenärztlichen Vereinigungen zu einer Landes-KV gibt es keine regional unterschiedlichen Ärzte-Honorare mehr. Auch das merken einige der Mediziner in ihrem Geldbeutel. Der Protest, der die seit Längerem gesplittete Ärzteschaft zumindest kurzzeitig wieder eint, zeigt, dass das Vergütungssystem geändert werden muss. Und zwar dringend. Es kann nicht sein, dass ein Arzt als freier Unternehmer erst nach einem halben Jahr weiß, was er im Sommer verdient hat. Eine vernünftige Kalkulation ist so nicht machbar. Die Vergütung nach Punkten je Leistung ist nicht mehr haltbar. Eine Direktvergütung, wie sie die AOK erneut fordert, ist ein Ansatz, über den es sich lohnt, länger nachzudenken. Denn ansonsten machen demnächst viele Praxen länger als für einen Tag dicht. b.wientjes@volksfreund.de

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