Vorgegaukelte Sicherheit

Was wurde nicht alles befürchtet, als über eine flächendeckende Video-Überwachung in deutschen Städten diskutiert wurde. Vom totalen Überwachungs-Staat war die Rede und vom Orwellschen Big-Brother, der Alles und Jeden kontrolliert.

Datenschützer warnten vor einer nicht mehr zu kontrollierenden Kontrolle. Und heute? Nach dem 11. September hat sich die Gefühlslage geändert. Die Innere Sicherheit steht wie bereits während der Terroristenfahndung in den 70-er Jahren wieder ganz oben auf der Agenda. Video-Überwachung wird von vielen Bürgern nicht mehr grundsätzlich abgelehnt, ja an einigen Orten sogar erwartet. Einige unverbesserlichen Populisten wie der Hamburger Innensenator Schill machen sich das erhöhte Bedürfnis nach Sicherheit zu eigen und fordern gleich Kameras an allen Ecken. Das ist Unsinn. Eine flächendeckende Überwachung gaukelt nur Sicherheit vor. Die Kriminalität kann damit aber nicht bekämpft werden, wie das Beispiel Frankfurt zeigt. Auch die Bahn gaukelt ihren Kunden Sicherheit vor, die sie gar nicht garantieren kann. Überall in den Bahnhöfen drehen sich Video-Kameras, doch Straftaten können damit nicht verhindert werden. Und passiert tatsächlich etwas wie der Bombenkoffer auf dem Dresdner Hauptbahnhof, dann bringt das Millionen teure aber umstrittene 3-S-Projekt der Bahn auch nichts, weil die Tat nicht aufgezeichnet wird. Der Datenschutz geht vor. Zwar kann die Bahn in ihren S-Zentralen einen Schmutzfink ausfindig machen, der eine Bananenschale auf den Bahnsteig wirft oder jemanden, der in einer Nichtraucherzone raucht. Geht es aber darum, nach einer Straftat einen Verdächtigen auf einem Video-Band zu identifizieren, muss man passen. Daher hätte man sich eins der drei S, die Sicherheit, auch sparen können. Selbst Datenschützer gestehen ein, dass die Bahn es mit dem Persönlichkeitsschutz übertreibt. Eine klare Regelung, wie sie jetzt Rheinland-Pfalz im neuen Polizeigesetz vorgelegt hat, ist notwendig. Wenn schon Kameras, dann nicht als unnützer Deckenschmuck sondern als echte Überwachung. b.wientjes@volksfreund.de

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