Über vieles wird "gegackert"

Kurz vor der Koalitionsrunde am Sonntag wird die Tonlage zwischen Union und SPD immer gereizter. Beide Seiten warfen sich am Freitag vor, bei Themen wie Post-Mindestlohn oder Betreuungsgeld Absprachen zu missachten. Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) wies Kritik der Union an den Parteitagsbeschlüssen der Sozialdemokraten als "kleinkariert" zurück.

Berlin. Das schwarz-rote "Gegacker" (Franz Müntefering) und die verbalen Scharmützel, die sich Union und SPD im Vorfeld der Sitzung des Koalitionsausschusses am morgigen Sonntagabend liefern, lässt nichts Gutes erahnen. Bei zahlreichen Themen liegen die Bündnispartner überkreuz, noch nie war die Stimmung so schlecht. Deshalb gelte es morgen erst einmal, "Korridore" abzustecken, so CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Tacheles will man im Kanzleramt reden, Standpunkte austauschen. Das ist auch bitter nötig.Streitpunkt Mindestlohn: Das Wort vom "Koalitionsbruch" machte in den vergangenen Tagen bei diesem Thema die Runde. Vereinbart ist zwar, die Post-Branche bis Jahresende in das Entsendegesetz aufzunehmen. Doch die neuesten Zahlen der Bundesnetzagentur haben den Widerstand der Union verstärkt: Danach sind lediglich 33 bis 42 Prozent der Beschäftigten bei Briefdienstleistern vom Tarifvertrag zwischen dem Arbeitgeberverband Postdienste und der Gewerkschaft Verdi erfasst. Er sieht einen Stundenlohn von acht bis 9,80 Euro vor. Bedingung für die Ausweitung des Tarifvertrags auf die gesamte Branche und damit für die Aufnahme ins Entsendegesetz sind allerdings 50 Prozent. Umstritten ist auch, wer überhaupt als Postdienstleister gilt.Streitpunkt Arbeitslosengeld I: Die Frage, ob die Bezugsdauer für ältere Arbeitslose verlängert wird, könnte schnell gelöst werden, damit das Thema nicht in die anstehenden Landtagswahlkämpfe gerät. Eine Einigung dürfte spätestens beim nächsten Gipfel am 12. November erfolgen. Dass die Verlängerung "kostenneutral" zu haben ist, wie es die Union offiziell fordert, glaubt auch dort fast keiner mehr. Gerechnet wird mit Kosten von 800 Millionen bis zu mehr als zwei Milliarden Euro - genau weiß das niemand.Am Sonntag geht es um Milliarden

Streitpunkt Betreuungsgeld: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) will die Pläne von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) blockieren, das Betreuungsgeld für die häusliche Erziehung von Kleinkindern unter drei Jahren bereits gesetzlich festzuschreiben. Nach dem Willen der CSU soll es ab 2013 eingeführt werden. Das entspreche nicht der Koalitionsabsprache, so Steinbrück. Hintergrund ist, dass sich der Minister nicht jetzt schon in die Pflicht nehmen lassen will, sich an den Milliardenkosten zu beteiligen.Streitpunkt Pendlerpauschale: Ob Pendler bald wieder ab dem ersten Kilometer ihre Fahrtkosten zur Arbeit absetzen können, ist noch längst nicht entschieden. Etwaige Änderungen dürften das Sparziel nicht gefährden, so die Position von Finanzminister Steinbrück. Zudem haben weder die SPD noch die Union in dieser Frage eine einheitliche Linie.Streitpunkt Bahn: Eine Teilprivatisierung der Deutschen Bahn in dieser Wahlperiode wird immer unwahrscheinlicher. "Wenn die SPD von der Volksaktie nicht abweicht, dann war das das Ende der Teilprivatisierung der Bahn", heißt es aus der Union.Streitpunkt Tempolimit 130 auf Autobahnen: Von der SPD beschlossen, von den eigenen Ministern skeptisch betrachtet und von der Union abgelehnt. Nun haben die Grünen einen Antrag zur Einführung in den Bundestag eingebracht. So will man vor allem die SPD unter Druck setzen.

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