Anfang vom Ende?

KARLSRUHE. Die Krankenkassen jubeln: Möglicher Rosinenpickerei wird eine Absage erteilt. Der Familienverband ist alarmiert: Das könnte das Ende der beitragsfreien Familienversicherung sein. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur beitragsfreien Mitversicherung von Kindern besser verdienender Paare sorgt für Debatten.

 Gips für den Junior: Ist der Vater privat versichert, kann das Kind nicht beitragsfrei mit der Mutter gesetzlich versichert werden.Foto: TV -Archiv/D. Steffgen

Gips für den Junior: Ist der Vater privat versichert, kann das Kind nicht beitragsfrei mit der Mutter gesetzlich versichert werden.Foto: TV -Archiv/D. Steffgen

Die Karlsruher Richter haben nur bestehendes Recht bestätigt: Nicht alle Kinder sind automatisch in der beitragsfreien Familienversicherung der gesetzlichen Krankenkassen mitversichert. Das Urteil trifft besser verdienende Ehepaare, von denen der Partner mit dem höheren Einkommen über 3450 Euro privat krankenversichert und der andere Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist. Die gemeinsamen Kinder können dann nicht beitragsfrei im Rahmen der Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse mitversichert werden. Das besagt Paragraf 10 des Sozialgesetzbuches, der nun höchstrichterlich bestätigt wurde.Bei dem Prozess ging es um Folgendes: Der Paragraf gilt nur für Verheiratete. Lebt ein Paar nichtehelich zusammen, kann das gemeinsame Kind beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenkasse versichert sein, auch wenn einer der Eltern in einer privaten Kasse ist. Dagegen wehrte sich ein Ehepaar: Der Mann, Beamter, ist privatversichert. Er erhält für seinen zehnjährigen Sohn eine 80-prozentige Beihilfe für die Krankheitskosten, für die Restversicherung des Sohnes bezahlt die Familie eine Prämie in eine private Krankenversicherung. Bei einer Vollversicherung können bis zu 145 Euro anfallen. Die Ehefrau, Pflichtmitglied, in einer gesetzlichen Kasse, wollte den Sohn über sich mitversichern. Das lehnte ihre Versicherung ab.Die Eltern klagten sich durch die Instanzen. Das Bundesverfassungsgericht schmetterte nun die Klage ab, weist allerdings darauf hin, dass Ehepaare durch diese Regelung benachteiligt werden könnten. Aber: "Diese Benachteiligungen sind jedoch hinreichend gerechtfertigt." Wer über so viel Einkommen verfüge, dass er sich privat versichern könne, dem könne auch zugemutet werden, für die Absicherung seiner Kinder gegen Krankheit zu sorgen. Rund 160 000 Kinder sind von dem Urteil betroffen.Sind beide Eltern gesetzlich versichert, dann sind die Kinder bis zur Volljährigkeit (in Ausnahmen auch darüber hinaus) automatisch beitragsfrei mitversichert. Derzeit sind 14,6 Millionen Kinder und sieben Millionen Ehepartner in der Familienversicherung versichert."Es kann nicht sein, dass der Besserverdienende in die private Krankenversicherung abwandert und den Versicherungsschutz seines Kindes bei der gesetzlichen Krankenversicherung ablädt", kritisiert Florian Lanz vom Bundesverband der Betriebskrankenkassen. Auch beim Deutschen Familienverband kann man das Urteil nachvollziehen. Doch Verbandsgeschäftsführer Marcus Ostermann befürchtet, dass der Karlsruher Spruch das Anfang vom Ende der beitragsfreien Familienversicherung ist.

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