Besser, aber noch viele Makel

Deutsche Grundschüler sind besser geworden im Lesen - das ist das Ergebnis der internationalen Grundschul-Vergleichsstudie Iglu. Allerdings: Die soziale Herkunft entscheidet noch immer über die Bildungschancen.

Trier/Mainz. (wie) Die Tischvorlagen für die Journalisten bei der Pressekonferenz in Berlin waren noch nicht ausgeteilt - die Ergebnisse standen gerade erst im Internet - da begann wie immer nach solchen internationalen Schul-Studien eine neue Debatte über das deutsche Bildungssystem. Während sich die Bildungspolitiker durch die verhältnismäßig guten Ergebnisse in ihren Reformbemühungen gestärkt sehen, kritisiert die Lehrergewerkschaft VBE, Iglu zeige, dass nach der Grundschule das falsche Schulsystem bestehe: "Denn wie lässt sich erklären, dass deutsche Schüler laut Iglu im internationalen Leistungsvergleich am Ende der Grundschule so gut, laut der Pisa-Studie am Ende der Mittelstufe aber so schlecht sind?", fragt VBE-Landesvorsitzender Johannes Müller. Die Gewerkschaft sieht in den Ergebnissen einen Beleg für ihre Forderung nach Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems. "Die Kinder brauchen mehr gemeinsame Lernzeit", sagt VBE-Landesgeschäftsführer Hjalmar Brandt gegenüber unserer Zeitung. Er plädiert für eine sechsjährige Grundschule. Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen wertet die Ergebnisse als Ansporn, die frühe Bildung zu intensivieren, wie es in Rheinland-Pfalz geschehe - allerdings liegen die Iglu-Ergebnisse für die einzelnen Bundesländer noch gar nicht vor. Schaut man sich die Studie näher an, so bleibt allerdings nicht mehr viel von dem guten Zeugnis übrig. Zwar weisen die deutschen Grundschüler gegenüber der ersten Iglu-Studie 2001 eine bessere Lesekompetenz auf und gehören damit zu den elf besten unter 28 verglichenen Staaten. Allerdings findet in den ersten vier Schuljahren noch immer ein "eher traditioneller Unterricht" statt, eigenständiges Lernen sei selten. Und: Genau wie in Luxemburg, Ungarn und Rumänien können auch in Deutschland Kinder aus sozial schwachen Familien deutlich schlechter lesen. Und das hat weitreichende Folgen: Grundschüler aus sogenannten bildungsnäheren, also meist besser gestellten Haushalten, erhalten leichter eine Empfehlung für das Gymnasium als Kinder aus ärmeren Familien.

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