Cyber-Docs sind die Ausnahme

TRIER. Vor zehn Jahren beschäftigten sich noch Gerichte damit, heute gehört es zur Selbstverständlichkeit, dass Ärzte im Internet präsent sind. Doch die wenigsten nutzen es. Gerade mal sieben Prozent der niedergelassenen Mediziner im Land sind im Netz.

Der als "Cyber-Doc" bundesweit bekannt gewordene Trierer Zahnarzt Michael Vorbeck war einer der ersten Mediziner, der im Internet Werbung für seine Praxis machte - und dafür gehörigen Ärger bekam. Der Streit mit der Landesärztekammer ging bis ans Oberlandesgericht nach Koblenz. Nach vierjährigen Auseinandersetzungen durfte der Dentist seine Homepage mit einigen Einschränkungen weiter betreiben. Knapp zehn Jahre später wären die Ärzte froh, sie wären damals auch so kühn gewesen wie ihr Kollege und Vorreiter und hätten verstärkt aufs Internet gesetzt. Doch offenbar ist der Zug der Zeit an den meisten Medizinern vorbei gefahren. Zumindest im Netz. In Trier und Umgebung sind es weniger als zehn Prozent, fand die Unternehmensberatung Jakob und Partner heraus. In Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland sind laut Stefan Latz, Mitinhaber des Trierer Unternehmens, gerade mal sieben Prozent der niedergelassenen Ärzte im Internet präsent. Und wenn sie eine eigene Homepage haben, gehen bei vielen Ärzten die Informationen nicht über die Öffnungszeiten hinaus. Einige bieten zwar einen Überblick über ihre Leistungen, doch echte medizinische Informationen finden sich bei den wenigsten. Immerhin bieten ein paar Ärzte auch "elektronische Sprechstunden" an, also die Möglichkeit Fragen per Mail zu schicken. Ein Urologe weist jedoch daraufhin, dass er dafür eine Beratungsgebühr verlangen müsse. Das schreckt natürlich erst einmal ab, zumal das Angebot an anonymen Internet-Sprechstunden oder Medizin-Foren, wo es kostenlose Ratschläge gibt, wächst. Laut Latz eine vertane Chance für die niedergelassenen Ärzte, denen ihre Patienten schließlich vertrauten. "Ärzte sind zunehmend auf Selbstzahler angewiesen und sollten daher nicht auf zahlungskräftige, neue Patienten verzichten." Vor allem jüngere, gesundheitsbewusste Personen nutzen das Internet, um sich Informationen über Ärzte zu beschaffen, so der Unternehmensberater. Doch das hätten die meisten Mediziner noch nicht erkannt. "Ärzte in größeren Städten brauchen auf jeden Fall eine eigene Homepage." Seit Mai 2002 dürfen Ärzte werben. Das Werbeverbot, das die Zahnarzt-Funktionäre damals Vorbeck vorhielten, gilt nicht mehr. Damit ist es grundsätzlich allen Medizinern möglich über ihre Leistungen, Fähigkeiten und Qualifikationen zu informieren - in Anzeigen und eben im Internet. "Seitdem hat sich aber kaum etwas getan", sagt Latz. Und das, obwohl ein erklärtes Ziel der Gesundheitsreform sei, den Wettbewerb unter den Ärzten zu stärken. Doch eine eigene Homepage allein reicht noch nicht aus. Viele Internetauftritte von Doktoren seien unprofessionell und wenig ansprechend, so Latz. Auf einigen fänden sich private Urlaubsfotos, andere glaubten, sich auf ihren Seiten noch zur aktuellen gesundheitspolitischen Lage äußern zu müssen. Die seit 2003 bestehende Unternehmensberatung will eine Auszeichnung für hervorragende Internetangebote von Arztpraxen vergeben. Der Web-Award soll im März verliehen werden.

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