"Dann bin ich nur noch gerannt..."

OBERKAIL. Der Absturz eines amerikanischen Düsenjets vom Typ F 16 hat am Donnerstag die Eifel-Gemeinde Oberkail (Kreis Bitburg-Prüm) aus ihrer Idylle gerissen. Viele Bewohner standen auch noch am späten Abend unter Schock.

Oberkail am Donnerstag, 14. September 2006, 13 Uhr. Ein schöner Spätsommertag. Im Dorf geht alles seinen gewohnten Gang. Nach und nach kommen die Kinder von der Schule nach Hause, viele Familien sitzen noch am Mittagstisch. Durch den 750-Einwohner-Ort tuckern derweil etliche Traktoren. Die Bauern nutzen das gute Wetter, um den dritten Schnitt heimzubringen. "Da habe ich plötzlich den Knall gehört"

Auch dieser Tag wäre unspektakulär verlaufen, hatte sich nicht ein mächtiger Knall in die traute Beschaulichkeit des Dorfes hin-eingebohrt. "Ich war unten im Dorf. Da habe ich plötzlich den Knall gehört", erzählt Hermann Scholten. "Ich dachte erst, es wäre eine Biogasanlage in die Luft geflogen." Nein es ist keine Biogasanlage. Die Geräusche entstammen dem Oberkailer Himmel, von wo aus sich ein Militärjet der US-Luftwaffe im Sturzflug dem Eifel-Dorf nähert. Nur 30 Meter hinter der Frohnert-Kapelle bohrt sich das Militärgerät wie ein Ungetüm in die Wiese. Vor dem Dorf hat sich der Pilot wenige Sekunden zuvor mit dem Schleudersitz in den stahlblauen Himmel katapultiert und die Maschine offenbar noch einmal hochgerissen. Das könnte Oberkail die große Katastrophe erspart haben. Zur gleichen Zeit ist Mario Foegen im Wald unterwegs, um Pilze zu sammeln. "Ich habe ein Flugzeug gesehen, dann kam der Lärm, und danach sah ich Rauch und Flammen. Ich dachte: jetzt bloß raus hier. Dann bin ich nur noch gerannt", berichtet Mario Foegen, immer noch sichtlich beeindruckt von dem Ereignis, das ihn offensichtlich gewaltig geschüttelt hat. Es sei ein "unbeschreibliches Gefühl" gewesen, die "komischen Geräusche" - und der dumpfe Aufschlag. Noch eine Stunde später steht der Pilzesammler auf der Wiese, über die die Amerikaner nun zusätzliche Einsatzkräfte zum Trümmerfeld lotsen. Das Areal um das kurz geschorene Grünland ist ansonsten längst hermetisch abgeriegelt. In den militärischen Sicherheitsbezirk kommt kaum jemand hinein, es sei denn, er ist Amerikaner. Die lassen ihr Personal nun sogar per Bus anrücken, schicken diverse geländegängige Einsatzwagen hinterher, transportieren Flutlichtanlagen zur Unfallstelle und sichern die umliegenden Wiesen weiterhin kompromisslos vor ungebetenen Gästen. Sogar Dixie-Toiletten aus Spangdahlem finden den Weg zur Frohnert-Kapelle, wo sich inzwischen Kyllburgs Verbandsgemeinde-Bürgermeister Bernd Spindler und sein Mitarbeiter Ewald Gerten ein Bild vom Geschehen machen. Für Spindler ist Oberkail "mit einem blauen Auge davon gekommen". Man müsse froh sein, dass niemand zu Schaden gekommen sei.Keine Nervosität, aber Ärger

Ewald Gerten beschreibt die Situation rund um die Frohnert-Kapelle als entspannt. "Die Amerikaner gehen die Sache systematisch an." Aufgeregtheit oder Nervosität gebe es nicht, bescheinigt Verwaltungsmann Gerten den Air-Force-Leuten. Hermann Scholten beobachtet derweil die Karawane der eintreffenden Militärfahrzeuge, die sich den Weg hinauf zur Kapelle suchen. Er ärgert sich: "Es ist eine Sauerei, dass die hier über die Wiese fahren. Die machen dem Bauern hier alles kaputt", schimpft er und beobachtet, wie der Transporter mit den Dixies hängen bleibt und einen zweiten Anlauf benötigt, um den sattgrünen Hügel zu erreichen. Die amerikanischen Wachleute, die die Presse im Auge behalten und dafür zu sorgen haben, dass keine Fotos gemacht werden, bleiben derweil cool. Ebenso freundlich wie verbindlich machen sie den Reportern klar, dass sie sich keine großen Hoffnungen machen dürfen. Dass einem der Soldaten dabei sogar ein wirklich glaubhaftes Lächeln entfleucht, macht ihn sympathisch. Okay: Schließlich macht auch er nur seinen Job...

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