"Das ist doch kein Spaßmedium"

TRIER. Streit um vermeintliche Internet-Schnäppchen gibt es immer wieder. Doch die Angebote im Netz werden immer skurriler. Jetzt wird sogar um ein komplettes Haus gestritten.

Im Internet gibt es nichts, das es nicht gibt. Bei Ebay, dem größten Online-Auktionshaus der Welt, wurde kürzlich eine angebissene Banane verkauft - genauso wie ein angeknabbertes Butterbrot einen Käufer fand. Die ausgediente Bundestagsflagge vom Berliner Reichstag brachte sage und schreibe 16 050 Euro via Ebay. Warum soll man dann nicht auch ein Haus übers Internet ersteigern können? "Nichts ist unmöglich", dachte sich auch die Paderborner Hausfrau Sabine W., als sie im August vergangenen Jahres für 2,50 Euro ein Massivhaus ersteigerte. Endlich raus aus ihrer Mietwohnung. Doch der Anbieter wollte eigentlich gar kein Haus verkaufen, sondern nur die Vermittlung eines Vertrages zum Bau eines Hauses, sagt er. Der Vertrag sollte direkt mit der Herstellerfirma geschlossen werden. Harry Zinßmeister aus Henschtal versucht seit zwei Jahren, als Fertigbauvermittler Fuß zu fassen. Über die Firma Eurofinanz HZ bietet der 43-jährige Familienvater aus dem Kreis Kusel drei unterschiedliche "Aktionshäuser" an: "Wir bauen nach ihren Vorgaben in hoher Qualität und preisbewusst", wirbt er auf seiner Internet-Seite. Und auf dieses Angebot wollte er auch die Teilnehmer von Ebay aufmerksam machen.Kontakte wichtiger als Verkauf

"Noch nie habe ich damit schlechte Erfahrungen gemacht", sagt Zinßmeister, der hauptberuflich als Teamleiter in einer größeren Firma tätig ist. Noch nie habe jemand auf sein Angebot "Massivhaus inklusive Vollwärmeschutz" geboten. Ihm sei es vielmehr darum gegangen, über Ebay Kontakte zu knüpfen, was bereits mehrmals der Fall gewesen sei. "Kein normaler Mensch bietet auf etwas, was er nicht kennt", glaubt Zinßmeister. "Ebay ist kein Spaßmedium. "Herr Zinßmeister ist ein erfahrener Kaufmann, er muss wissen, was er tut", entgegnet jedoch der Anwalt von Sabine W., Achim Riesenberger. Zinßmeister hatte bis vor kurzen einen eigenen Shop bei Ebay, in dem er seine Dienstleistungen anbot. Solche Shops können nur gewerbliche Verkäufer anbieten. Mittlerweile hat er ihn aber dicht gemacht. Sollte es so ausgehen, dass er der Frau das Haus hinstellen muss, wäre er nach eigenen Angaben finanziell ruiniert. Anwalt Riesenberger ist jedenfalls fest entschlossen, falls Zinßmeister bis Freitag den nach Ansicht des Anwalts gültigen Kaufvertrag für den Bau eines Massiv-Hauses nicht erfüllt hat, Klage einzureichen. "Wenn er gewollt hätte, dass das Haus nicht für einen Schleuderpreis verkauft wird, hätte er einen Mindestpreis angeben müssen." Experten schätzen, dass etwa 20 Prozent aller Ebay-Angebote mittlerweile von gewerblichen Verkäufern stammen. Neben dem virtuellen Trödelmarkt hat sich dort längst ein regelrechtes Internet-Kaufhaus entwickelt. Es gibt fast kein Produkt mehr, das man nicht auch als Neuware bei Ebay kaufen kann. Verbraucherschützer warnen allerdings vor vermeintlichen Schnäppchen. Oft seien diese teurer als im Fachhandel. Doch Käufer haben auch bei Internet-Auktionen die gleichen Rechte wie etwa bei Katalog-Käufen. Ebay und andere Anbieter sind kein rechtsfreier Raum. Und davon können die Gerichte ein Lied singen. Immer öfter werden Streitigkeiten um Ebay-Auktionen juristisch ausgetragen, häufig zugunsten des Käufers. Die Wettbewerbszentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs (WBZ) weist daher daraufhin, dass für Ebay die üblichen Regeln des Geschäftslebens gelten, wie zum Beispiel Verbraucherschutzvorschriften und Gewährleistungsrecht. "Gewerbliche Anbieter im Internet müssen wie allen anderen professionellen Verkäufer gesetzliche Vorschriften beachten." Und wer etwa einen Shop im Internet betreibe, zähle zu den gewerblichen Anbietern. Bei Ebay hält man sich bei Auseinandersetzungen zwischen Käufern und Verkäufern raus. Um Streitigkeiten vorzubeugen, sucht man gezielt nach unzulässigen Angeboten. Doch könne nicht jedes einzelne überprüft werden, sagt Ebay-Sprecherin Maike Fuest. Erst bei polizeilichen Ermittlungen wegen eventuellen Betrugsverdachts würden die Verkäufer-Daten rausgegeben. Ansonsten überlasse man den Marktplatz der Selbstkontrolle der Teilnehmer, die sich gegenseitig bewerten können.

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