Der Flut folgen die Schockwellen

Berlin. Die womöglich schlimmste Natur-Katastrophe der Neuzeit hat auch in Deutschland Schockwellen ausgelöst. Mit ernster Miene und erkennbar bedrückt sprach Bundesaußenminister Joschka Fischer am Dienstag in Berlin von einer "menschlichen Tragödie, wie ich sie noch nicht erlebt habe".

Die Jahrhundert-Katastrophe in Südost-Asien habe zehntausende Menschen das Leben gekostet, darunter eine noch unbekannte Anzahl Deutscher. Fischer, der den Krisenstab im Auswärtigen Amt selbst leitet, gab die sofortige Rückkehr des Kanzlers aus seinem Urlaub bekannt. Angesichts des Ausmaßes der verheerenden Flut sei dies eine richtige Entscheidung, sagte Fischer.Ex-Kanzler Kohl: Bitte um Beistand

Nachdem deutlich geworden war, dass die große Flut, die den gesamten südostasiatischen Raum betrifft, alles in den Schatten stellt, mobilisierte der Krisenstab gemeinsam mit Hilfsorganisationen und Reiseveranstaltern die erste Hilfe mit einem Bündel von Maßnahmen. Bereits am Montag war ein Spezialistenteam des Bundeskriminalamtes in die Krisenregion gereist, um bei der Identifizierung der Opfer zu helfen. Auch Einsatzteams des Technischen Hilfswerks (THW) und anderer Organisationen flogen nach Thailand und Sri Lanka, gestern folgten weitere Flugzeuge mit Hilfsteams, die auch deutsche Touristen zurück nach Hause bringen wollen. Zudem startete der Bundeswehr-Spezial-Airbus "Medevac", eine Art fliegendes Krankenhaus, in das Krisenzentrum Phuket, dem beliebten und nun zerstörten Badeort an der thailändischen Küste. Über die Zahl der möglichen deutschen Opfer wollte und konnte sich der Außenminister noch nicht äußern. Allerdings gebe es "Anlass zu schweren Befürchtungen". Gegenwärtig werde "eine dreistellige Zahl" deutscher Touristen vermisst, vor allem im am schlimmsten betroffenen Gebiet um den thailändischen Badeort Khao Lak, wo offenbar viele Deutsche ihren Weihnachtsurlaub verbringen wollten. Nach Angaben der Reiseveranstalter befanden sich zum Zeitpunkt der Katastrophe rund 8000 deutsche Urlauber in der betroffenen Region, die sich von Indien über Indonesien bis nach Thailand erstreckt. Unter ihnen war auch Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl, der sich in Sri Lanka aufhielt und "nach Bitte um Beistand" (ein Botschaftssprecher) von einem Armee-Hubschrauber in die Hauptstadt Colombo ausgeflogen wurde. Fischer bat die Bevölkerung in Deutschland, ihr Augenmerk auf diese Krisenregion zu lenken, die unter der gigantischen Heimsuchung zu leiden habe. Nun müsse man Solidarität zeigen und Hilfe leisten. Gerade jetzt zu Silvester sollten die Bürger überlegen, ob sie das Geld für Böller nicht besser für karitative Zwecke ausgeben sollten. Fischer kündigte auch die Verdoppelung der Soforthilfe auf zwei Millionen Euro an, was bei Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) Protest auslöste. Diese Summe stehe in keinem Verhältnis zu den Erfordernissen der Jahrhundert-Katastrophe. Sie wollen spenden? Namen und Kontonummern von Hilfsorganisationen veröffentlichen wir wieder in unserer Donnerstags-Ausgabe.

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