Der Lebensretter an der Decke

TRIER. Experten sind sich einig: Brandmelder retten Leben. Trotzdem ist die Zahl der lebensrettenden Alarmgeber in deutschen Wohnungen erschreckend gering. Im Ausland ist das anders.

Rund 600 Menschen sterben jährlich in Deutschland bei Bränden, die Mehrheit davon in Privathaushalten. Experten sind sicher: Der Einbau von Rauchmeldern könnte hunderte von Leben retten. Doch noch immer gibt es keine Pflicht, Brandmelder in Wohnungen zu installieren. Das könnte für viele Menschen ein Todesurteil sein, sind sich Brandschützer sicher. Denn fast alle Brandtoten fallen nicht den Flammen, sondern den giftigen Gasen zum Opfer, die hauptsächlich während der Schwelbrandphase freigesetzt werden. Der Tod ist meist die Folge einer Vergiftung durch Kohlenmonoxid (CO), das bei der unvollständigen Verbrennung organischen Materials wie Holz, Papier, Kohle oder Benzin entsteht. Das Tückische dabei: Das Gas ist farb-, geruchs- und geschmacklos. Schon wenige Mengen an eingeatmetem CO können zum Tod führen. Außerdem verunglücken die meisten Brandopfer nachts. Tagsüber besteht eine größere Chance, dass ein Feuer schnell entdeckt und gelöscht wird. Nachts dagegen "schläft" auch der Geruchssinn. Die Opfer werden selbst dann im Bett überrascht, wenn der Brand mit beißendem Rauch einhergeht es sei denn, der ohrenbetäubende Alarmton eines Rauchmelders schreckt die Bewohner auf. Obwohl in Deutschland Gesetzgeber und Bürokratie kaum einen Lebensbereich von Regulierung und Vorschriften verschonen, sind Rauchmelder im Privatbereich eine freiwillige Investition, die sich nur fünf Prozent aller Haushalte leisten. Völlig anders sieht es in den USA aus. Dort ist die Installation von mindestens einem Rauchmelder pro Wohnung obligatorisch. Mit Erfolg: Nach der zwangsweisen Einführung der Melder sank die Zahl der Brandtoten um fast 40 Prozent. In Großbritannien oder Schweden ist die Situation ähnlich positiv. Gerade das Beispiel Schweden zeigt, dass die Gefahr unabhängig von der Bauweise des Hauses ist: Obwohl Holzbauten in Skandinavien weit verbreitet sind, hat sich die Zahl der Opfer durch Hausbrände auf relativ niedrigem Niveau eingependelt dank der Vorsorge durch Rauchmelder. Denn ob Holz- oder Steinhaus: die Opfer ersticken, bevor das Feuer die Bausubstanz angreift. Bereits Gardinen, die Tapete oder 100 Gramm Schaumstoff aus der Couch reichen unter Umständen aus, genug Qualm für eine tödliche Vergiftung zu erzeugen. Dass letztlich die Eigentümer oder Mieter selbst entscheiden, ob sie eine Alarmanlage montieren, halten zahlreiche Experten für eine Gesetzeslücke. Nach Ansicht der privaten Kinderschutzorganisation "Childrens Health Support e. V." in Meinhard/Niederrhein hat der Gesetzgeber dies bisher verschlafen. Gerade "Haushaltsbrände" forderten die meisten Toten und erschreckend sei dabei der Anteil der Kleinkinder. Childrens Health: "Allein von 1987 bis 1998 wurden 908 Brandopfer im Kindesalter gezählt. Davon waren 576 unter fünf Jahren." Die Organisation hat mehrfach an die Bundesländer, die Bundesregierung und die EU appelliert, Rauchmelder vorzuschreiben vergeblich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort