Der Spargel war wunderbar

Letzter Besuch George W. Bushs als amerikanischer Präsident in Deutschland: Zum Abschiedstreffen empfing Bundeskanzlerin Angela Merkel den Gast gestern im brandenburgischen Meseberg.

Meseberg. George W. Bush legt den Kopf leicht schräg, er zuckt mit der Schulter und setzt dann dieses spitzbübische, texanische Grinsen auf, bei dem gleichzeitig der ganze Körper leicht auf und ab wippt. Dabei gilt die Frage, die ihn amüsiert, nicht ihm sondern Angela Merkel: "Werden Sie ihn vermissen?", will ein Journalist von der Kanzlerin wissen. Bushs Amtszeit endet schließlich in sieben Monaten. Nun sind beide kein Liebespaar, wo der eine ohne den anderen nicht lange kann. Merkel zählt auf: Freundschaftlich, direkt und auch "sehr konstruktiv" sei die Beziehung zueinander gewesen, "das macht Spaß", so Merkel. Aber vermissen? Mag es der Kanzlerin auch gelungen sein, es dem besonderen Gast aus Übersee im barocken Gästeschloss der Bundesregierung so angenehm wie möglich zu machen, und mag zwischen Spargel und Grillwürstchen sogar etwas Wehmut aufgekommen sein, in Meseberg hat man vor allem den Eindruck, dass sich die Blicke längst hoffnungsfroh auf die Zeit nach George W. Bush gerichtet haben. Das fängt bei den Themen an, die erörtert werden und hört auf beim Interesse an dem zweitägigen Staatsbesuch in dem beschaulichen Örtchen nördlich von Berlin. Über die Welthandelsrunde wird gesprochen, über die Entwicklung der Nahrungs- und Energiepreise, natürlich über den Klimaschutz, den Iran, Afghanistan und den Nahen Osten. Ergebnisse? Initiativen, Vereinbarungen, neue Signale? Weitgehend Fehlanzeige. Gewiss, alles wichtig, und der Dialog mit dem mächtigsten Mann der Welt ist es allemal. Bushs neue Kuschelrhetorik ändert nichts mehr

Aber auch die deutsche Politik weiß längst, dass Bushs neue Kuschelrhetorik zum Ende seiner Präsidentschaft nichts Wesentliches an seiner Haltung in den heiklen Konfliktfragen ändert. Bewegen wird sich in den verbleibenden Monaten nicht mehr viel. Als Merkel also betont: "Im übrigen hat der Präsident darauf hingewiesen, bis zu seinem letzten Arbeitstag zu arbeiten", setzt Bush wieder sein spitzbübisches Texas-Grinsen auf, er wippt auf und ab - sicher, Angela, immer im Dienst, suggerieren seine Blicke. Im Gegenzug bedankt er sich für die nette Zeit, die ihm Merkel nach dem aufmüpfigen SPD-Kanzler Gerhard Schröder beschert hat: Gleich mehrfach lobt Bush die Führungskraft von "Madam Chancellor" (Frau Kanzlerin). Sie kann warme Worte gebrauchen - in der Innenpolitik sehen das inzwischen nämlich selbst viele von Merkels Parteifreunden anders. "Guten Tag, sie sind ja zahlreich hierher gekommen", sagt die Kanzlerin vor den Toren des in der Sonne funkelnden Schlosses, wo die Pressekonferenz stattfindet und die Journalisten mit Bussen hingekarrt worden sind. Die Realität ist eine andere, wahrscheinlich lächelt Merkel deshalb nach der Begrüßung so süffisant: Zahlreiche Stuhlreihen bleiben leer, das Pressezentrum wenige Kilometer vom barocken Bau entfernt, ist noch nicht einmal halb voll. Die Zeiten beginnen sich zu ändern: Proteste, Wasserwerfer, Demonstrationen gegen den in Deutschland wohl unbeliebtesten Präsidenten aller Zeiten gibt es nicht, lediglich eine Handvoll Bauern protestiert am Wegesrand für höhere Milchpreise. Für das Dilemma der Landwirte kann nun auch Bush nichts. In aller Seelenruhe absolviert der US-Präsident am Morgen mit großem Gefolge eine Mountainbike-Tour durchs Brandenburgische, auch da bleiben viele Fensterläden einfach geschlossen. Anschließend schlendert er frisch geduscht mit Angela Merkel durch den gediegenen Schlosspark, ein inszenierter Spaziergang für harmonische Abschiedsbilder. Man sieht, wer künftig mehr zu sagen hat

Die Gastgeberin doziert viel, auch mit den Händen, der Gast hört zu. Man sieht, wer künftig mehr zu sagen haben wird. Nach den "bilateralen Gesprächen" und der Pressekonferenz gibt's Gegrilltes, fast schon eine Tradition im deutsch-amerikanischen Verhältnis. Und dann bekommen die Journalisten doch noch eine Nachricht geliefert, vom Präsidenten höchstpersönlich: Die Presse habe ja anlässlich des Abendessens am Dienstag spekuliert, "ich würde keinen Spargel mögen - Sie haben sich geirrt", so Bush. "Der Spargel war wunderbar." Fand Bushs Ehefrau Laura übrigens auch. Extra Kanzlerin verabschiedet US-Präsident: Morgens aufs Mountainbike, dann ein Spaziergang mit der Kanzlerin, ein bisschen Politik, grillen - und schließlich Tschüs. Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, George W. Bush, hat am Mittwoch seinen Besuch in Deutschland beendet. Seinen letzten als Präsident, denn in rund sieben Monaten ist für ihn Schluss mit dem Präsidentenleben. Dann gibt er sein Amt an einen Nachfolger ab. Merkel sagte zum Abschied: "Die Zusammenarbeit macht Spaß." Andere Politiker waren weniger freundlich: "Ich werde George W. Bush nicht vermissen", sagte zum Beispiel Eckart von Klaeden, der wie Merkel in der Partei CDU ist. Eine Umfrage ergab, dass viele Deutsche Bush eine schlechte Arbeit bescheinigen. Sie werfen ihm vor, dass er den Krieg im Irak angezettelt habe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort