Der Tag des Christian Baldauf

Der CDU-Landesvorsitzende Christian Baldauf (41) hat am Samstag beim 61. Landesparteitag der Union in der Trierer Europahalle von den Delegierten die geforderte Unterstützung erhalten und ist mit 403 von 414 Stimmen (98,3 Prozent) im Amt bestätigt worden.

 Siegerpose: CDU-Landeschef Christian Baldauf freut sich mit seiner Ehefrau Martina über das hohe Maß an Zustimmung bei seiner Wiederwahl. TV-Foto: Friedemann Vetter

Siegerpose: CDU-Landeschef Christian Baldauf freut sich mit seiner Ehefrau Martina über das hohe Maß an Zustimmung bei seiner Wiederwahl. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Die Anspannung ist spürbar. Von den Ordnern über die Delegierten bis hin zum Landesvorstand - alle harren der Dinge, die da kommen sollen. Geschlossenheit will die Union demonstrieren. Einigkeit. Kampfkraft. Siegeswillen. Alle Augen richten sich auf einen Mann: Christian Baldauf. Er ist der CDU-Landesvorsitzende, dem die eigene Fraktion in Mainz vor drei Wochen einen bösen Streich gespielt hat. Oder zumindest jene zwölf der 35 Abgeordneten, die ihm in geheimer Wahl zum Fraktionschef die Stimme verweigerten. Bald-auf steht merklich unter Strom, als er seine 50-minütige Rede beginnt.

Es scheint zunächst, als wolle der CDU-Chef den Stier bei den Hörnern packen. "20 Jahre sind eine verdammt lange Zeit", sagt er und spielt damit gleich auf die parteiinternen Querelen an, mit denen sich die Christdemokraten im Land seit 1988 selbst das Leben schwer machen. "Fehler ohne Not" nenne man das im Tennis, die CDU habe "manches Match auf diese Weise verloren". Baldaufs Botschaft - "20 Jahre sind genug, es ist unsere Aufgabe, heute endlich einen Schlussstrich zu ziehen!" - kommt jedoch zu Beginn nicht rüber. Weil der 41-Jährige nervös wirkt und sich an sein Manuskript klammert, anstatt frei zu reden und mitzureißen, wie es später Kanzlerin Angela Merkel tut.

Man fragt sich unwillkürlich, warum Baldauf nicht gleich die Steilvorlage nutzt, die ihm das Abdanken des Ministerpräsidenten Beck als SPD-Bundesvorsitzender geliefert hat. Der Jurist spricht lieber erst verschiedene inhaltliche Themen an, von der Zukunft des ländlichen Raums über die Bildungspolitik, wo er das Projekt "Realschule plus" der Landesregierung als verfehlt geißelt.

Als Baldauf dann endlich auf Kurt Beck zu sprechen kommt, schnellt die Aufmerksamkeit der Delegierten in die Höhe. Nach dem Satz "Ein Biotop für gescheiterte Berlinpolitiker ist Rheinland-Pfalz nicht!" gibt es starken Applaus. Der "hoch verschuldete Landeshaushalt", die "Vettern- und Günstlingswirtschaft der SPD", "teure Imagekampagnen", die "Schwiegersohnaffäre" von Innenminister Karl-Peter Bruch, die Merkwürdigkeiten um das Arp-Museum, "in dem die Skulpturen offenbar laufen gelernt haben" - solches Attackieren des politischen Gegners gefällt den Delegierten.

Aber es bleibt die entscheidende Frage des Zusammenhalts innerhalb der CDU. Christian Bald-auf zieht symbolwirksam das Sakko aus, krempelt die Ärmel hoch und ruft: "Ich will, dass, wenn wir heute nach Hause fahren, dass dann ein für allemal die Querelen ein Ende haben!" Ein neues Kapitel müsse aufgeschlagen werden, "das Kapitel mit der Überschrift ,gemeinsam stark'". Baldauf tritt vom Pult zurück, die Delegierten erheben sich und klatschen minutenlang begeistert.

Die Vorstandswahl beginnt. Baldauf steht sichtlich unter Druck. Er versucht, den zahlreich auf ihn gerichteten Kameras auszuweichen. Es ist 12.30 Uhr, als Tagungspräsident Michael Billen um Ruhe bittet. Kaum ist der erlösende Satz gefallen ("403 Stimmen für Christian Baldauf"), springt der alte und neue CDU-Chef auf, lacht und umarmt seine Frau Martina. Ihm ist ein Stein vom Herzen gefallen. Vielleicht bringt die Wortmeldung von Simone Thiel aus Saarburg die Aufbruchstimmung im Saal am ehesten zum Ausdruck: "Die SPD liegt am Boden, aber wir legen uns nicht daneben."

Langjährige CDU-Verantwortungsträger wie der Trierer Alt-OB Helmut Schröer sprechen später von einer "guten Rede" und dem "richtigen Ergebnis" oder freuen sich "riesig" wie der stellvertretende Landesvorsitzende Günther Schartz. Der Landrat des Kreises Trier-Saarburg, mit 90,3 Prozent der Stimmen als Parteivize im Amt bestätigt, lobt das "Klasse-Team" des Landesvorstands. Es gibt indes mit Christian Baldauf nicht nur einen großen Sieger, sondern auch heimliche Verlierer. Einer von ihnen ist CDU-Bezirkschef Michael Billen, dem viele auf den Fluren die Negativschlagzeilen der vergangenen Wochen ankreiden. Ein anderer ist Baldaufs Vorgänger Christoph Böhr, der sich anhören muss, er habe einen "Scherbenhaufen" hinterlassen. Die Politik kennt keine Dankbarkeit, schon gar nicht für Wahlverlierer. Kein Wunder, dass Böhr, der deutlich abgenommen hat und einen erholten Eindruck macht, verschwunden ist, noch ehe die Kanzlerin kommt.

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