Die 18 rückt näher

Am liebsten würde er künftig mit Bundeskanzlerin Merkel regieren. Doch noch ziert sich FDP-Chef Guido Westerwelle, eine Koalitionsaussage für die nächste Bundestagswahl zu treffen.

Trier. Guido Westerwelle strahlt. Das tut der FDP-Chef meistens. Grimmige Blicke passen nicht zum Image des stets jugendlich wirkenden 46-jährigen Politikers. Doch als er kurz nach elf Uhr an diesem Mittwoch den Konferenzraum der Volksfreund-Redaktion betritt, strahlt er mehr als sonst. Gerade eben hat er die neuesten Umfrage-Ergebnisse erhalten: "FDP klettert auf Jahreshoch." 14 Prozent der Wähler würden die Liberalen wählen, heißt es. Westerwelle schmunzelt. Damit ist man nicht mehr weit von den 18 Prozent weg, die vor sechs Jahren vor der Bundestagswahl auf den Sohlen seiner Schuhe prangten. SPD und Union kommen mittlerweile zusammen gerade mal noch auf 55 Prozent, wobei vor allem die Sozialdemokraten mit mickrigen 20 Prozent in den Orkus zu stürzen drohen. Bei den Werten könne man ja irgendwann kaum noch von einer echten Großen Koalition sprechen, wettert Westerwelle. Die beiden Volksparteien seien selbst schuld am Verlust der Wählergunst. SPD und CDU überböten sich gegenseitig mit linken Ideen, nur um den Parolen der Links-Partei zu begegnen, wettert der Liberalen-Chef und schimpft über die SPD: Wer keine Hemmungen habe, mit den Stimmen der Linken den Bundespräsidenten stürzen zu wollen, der sei auch bereit, jedes andere Staatsamt mit linker Unterstützung zu besetzen. Er habe die Hoffnung gehabt, dass SPD-Chef Kurt Beck seine Partei mehr zur Mitte bewege. In Rheinland-Pfalz habe man schließlich jahrelang erfolgreich mit Beck Politik gemacht. Doch das Mitleid mit Beck, den er übrigens nicht als SPD-Kanzlerkandidaten sieht, sondern Außenminister Frank-Walter Steinmeier, klingt nicht überzeugend. Westerwelle ist und war nie ein Freund sozial-liberaler Koalitionen. Auch wenn er sich ziert, eine Koalitionsaussage zu treffen, wird doch deutlich, dass er am liebsten mit CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel regieren würde - und das obwohl er selbst bei der Union einen Linksrutsch ausgemacht haben will. Dass es angesichts der sinkenden Wählergunst der CDU nicht ganz für die von Westerwelle propagierten "klaren Verhältnisse" nach der Wahl reichen könnte und es gar nicht so unwahrscheinlich ist, dass es zu "Jamaika" (also einer schwarz-gelb-grünen Bundesregierung) in Berlin kommen könnte, weiß auch der Taktiker Westerwelle. Darum hält er sich mit konkreten Zusagen für Bündnisse zurück. So ganz scheint er aber ein Zusammengehen mit den Grünen nicht auszuschließen. Westerwelle macht kein Hehl dar-aus, dass er neben Merkel am Kabinettstisch sitzen will. Nur einmal flammt so etwas wie Wahlkampf auf, als er behauptet, dass es mit den Liberalen am Regierungstisch dem Mittelstand ("Der Aufschwung ging an den Bürgern vorbei.") wieder besser gehen wird. Seine Partei sei die einzige, die Vorschläge zur Finanzierung von Steuerentlastungen und Schuldenabbau gemacht habe. Richtig leidenschaftlich wird Westerwelle aber nur beim Thema "Europa". Das sei der Garant für Wohlstand und Frieden, auch wenn Brüsseler Entscheidungen oft zu mehr Bürokratie führten. Er jedenfalls vermisse bei der Regierung die Europa-Begeisterung.

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