Die lange Sicht des Generals

Der kommandierende US-General im Irak, David Petraeus, und der Top- Diplomat in Bagdad, Ryan Crocker, haben im US-Kongress für eine langfristig ausgerichtete Politik im Irak geworben. Jenseits des in Aussicht gestellten Teil- Rückzugs der US-Truppen gehen sie von einem Engagement aus, das noch Jahre in Anspruch nehmen wird.

Washington. (spa) General Petraeus präsentierte bei den Anhörungen auf dem Capitol Hill ein buntes Schaubild nach dem anderen, die Erfolge des Militärs darstellten. Vom Rückgang der Selbstmordanschläge über weniger Sprengsätze am Straßenrand bis hin zu Erfolgen im Kampf gegen die sektiererische Gewalt. Alles, um die zentrale Aussage zu unterstreichen: "Wir haben unsere militärischen Ziele weitgehend erreicht."

Das letzte Schaubild, das der Befehlshaber im Irak vorführte, widmete sich dem mittelfristigen Rückzug der Truppen. Eine Grafik, die weder Daten noch eine Zeitachse enthielt, daür aber eine Restgröße von 35 000 bis 50 000 Soldaten festhielt. In der Hitze der Debatte ging dieses Detail zunächst unter. Denn dabei handelt es sich um die Planung, die über die nächsten Monate hinausgeht.

Dabei ziehen offenbar weder Petraeus noch die Bush-Administration einen vollständigen Abzug der US-Streitkräfte in Erwägung. Weder kurz- noch langfristig. Der in Aussicht gestellte Teilrückzug von 30 000 Soldaten bis Mitte nächsten Jahres gehörte von Anfang an zu den Planungen für die "Flut"-Strategie. Der General sagte den Abgeordneten, es sei "verfrüht", bereits jetzt über den Verbleib des Kernkontingents von 130 000 Soldaten zu entscheiden. "Ich glaube, wir können unsere Ziele über die Zeit erreichen, selbst wenn das weder leicht noch schnell geht", erklärte Petraeus. Ähnlich äußerte sich sein politischer Gegenpart Crocker.

Während Petraeus und Crocker geschickt versuchten, den Fokus der Anhörungen auf die taktischen Erfolge zu lenken, sahen sie sich sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus denkbar kritischen Zuhörern ausgesetzt. "Bei allem Respekt: Ich glaube Ihnen nicht", sagte der demokratische Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus, Tom Lantos, der wie viele andere betonte, die "Flut"-Strategie sei gescheitert, weil sie keine politische Einigung gebracht habe - das von Präsident Bush ursprünglich erklärte Ziel der Truppenaufstockung.

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