Doppelt so viele Schulden wie geplant

Die Opposition nennt den Etat 2009 einen "haushaltspolitischen Blindflug", die Regierungskoalition lobt ihn als "klaren Weg in unsicheren Zeiten".

Berlin. Der Haushaltsausschuss hat in der Nacht zu Freitag in seiner sogenannten "Bereinigungssitzung" mit den Stimmen von Union und SPD das Zahlenwerk von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ab´gesegnet. Aufgrund aktueller Entwicklungen wurde der Entwurf noch einmal erheblich verändert, also "bereinigt". Hier Fragen und Antworten zum Haushalt, der nächste Woche vom Bundestag beschlossen werden soll.

Wo liegt der wichtigste Unterschied zum ursprünglichen Etat aus dem Frühsommer?

Steinbrück darf fast doppelt so viel Schulden machen wie geplant - und hat sich vom Ziel eines ausgeglichenen Haushalts 2011 verabschiedet. Die Neuverschuldung beläuft sich im nächsten Jahr auf 18,5 Milliarden Euro. Das sind acht Milliarden Euro mehr, als ursprünglich veranschlagt waren. Insgesamt liegen die Gesamtausgaben des Bundes nunmehr bei 290 Milliarden Euro, 1,6 Milliarden mehr gegenüber dem vorherigen Regierungsentwurf. Hintergrund ist, dass in Folge der Finanz- und Konjunk-turkrise die Wachstumsprognose deutlich reduziert werden musste. Zugleich dürften die Steuereinnahmen und Privatisierungserlöse um über sechs Milliarden Euro sinken. Und das Konjunkturpaket der Regierung kostet 2,3 Milliarden Euro.

Was sagt die Opposition zum Entwurf?

Die Opposition hält die Haushaltspläne für unseriös und voller Buchungstricks. FDP-Experte Jürgen Koppelin und der Grüne Alexander Bonde verweisen beispielsweise darauf, dass die Hilfen des Banken-Rettungspakets in einem "Parallel-Schuldenhaushalt" versteckt seien. Die Neuverschuldung von 18,5 Milliarden Euro stehe auch nur auf dem Papier. Real müsse von bis zu 44,5 Milliarden ausgegangen werden.

Welche Mehrausgaben leistet sich die Koalition?

Viele zusätzliche Ausgabenwünsche der Ressorts mussten "abgewehrt werden", so die Koalitionshaushälter Steffen Kampeter und Carsten Schneider. Dennoch steigen die Ausgaben fast aller Ministerien. Beispiele: Der Etat von Verkehrsminister Tiefensee (SPD) wurde um über eine Milliarde auf 26,7 Milliarden Euro aufgestockt. Allein in die Verkehrswege soll die Rekordsumme von 11,2 Milliarden Euro investiert werden. Auch das Programm zur CO{-2}-Gebäudesanierung bekommt 580 Millionen mehr. Oder: 200 Millionen Euro gibt die Koalition zusätzlich für die berufliche Bildung aus, 150 Millionen für Weltkulturerbestätten in Deutschland, das Elterngeld wird um 255 Millionen Euro aufgestockt.

Steht eine Etatplanung auf besonders tönernen Füßen?

Offenbar die von Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD). Laut Opposition ist beim Arbeitslosengeld II für das Krisenjahr 2009 weniger an Ausgaben angesetzt als 2008. Experten rechnen aber im nächsten Jahr mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosenzahlen.

Gibt es ungenutztes Einsparpotenzial?

Kleinvieh macht auch Mist. "Millionen für Millionen kommen da zusammen", behauptet FDP-Experte Koppelin. Unsinnig seien zum Beispiel Ausgaben wie 500 000 Euro für die Förderung der Jazzmusik, 256 000 Euro für das Informationsnetz für Auswanderer oder eine Million Euro für den deutschen Übersetzungsfonds. Mancher Koalitionär habe sein "persönliches Hobby" durchgesetzt, schimpft die Linke Gesine Lötzsch, "meist nach Mitternacht". Als alle anderen Haushälter also schon müde waren.

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