Ein Heimspiel in der Provinz

Allen neu entdeckten und gepriesenen Gemeinsamkeiten in der großen Koalition zum Trotz: In Berlin hat SPD-Chef Kurt Beck seine Probleme, für sich und seine Partei in den Medien zu punkten. Nach monatelanger schlechter Presse kommt eine Sommertour mit Journalisten durch die rheinland-pfälzische Provinz gerade recht, um gleichwohl Unaufgeregtheit zu demonstrieren.

Mainz. Geübt steht Kurt Beck im Kreise der lokalen Prominenz am Zapfhahn im Brauhaus der Kirner Brauerei. Seine Pils-Tulpen sind nicht zu beanstanden. Es sind diese Auftritte für Mensch und Medien, die den Ministerpräsidenten richtig aufleben lassen. Hier ist Kurt Beck der geschätzte und unumstrittene Landesvater und nicht der von bundesweiten Medien und Meinungsforschern immer wieder infrage gestellte Parteivorsitzende, der mit sinkenden Umfragedaten und wenig erbaulichen Popularitätswerten kämpfen muss. Seit vielen Monaten darf der Ober-Genosse lesen und hören, dass er seine Partei nicht voran bringt, politische Kontur vermissen lässt oder schlicht irgendwie zu provinziell "rüberkommt". Eben keiner, mit dem bundesweit Furore zu machen ist, um sich als gefühlter Juniorpartner in einer großen Koalition unter einer allseits angesehen Kanzlerin zu behaupten. Im Raum steht dabei auch immer die Frage nach den geeigneten Kanzlerkandidaten. Die Spekulationen befruchten sich auch ohne Zutun der Betroffenen immer wieder selber.Die Dauer-Kritik hat den Parteichef dünnhäutig gemacht, auch wenn er es nicht zugibt und das Wort nicht mehr hören will. Dass es gelungen ist, ohne großes Beben die Straffung der Parteiführung festzuzurren, das Parteiprogramm neu ausgerichtet wird oder mit dem Streiten um Mindestlöhne ein Gerechtigkeitsthema hoch im Kurs steht, wird nicht registriert, wie er schon mal wenig erfreut durchblicken lässt. Selbst bei der jüngsten Reise als Vorsitzender durch mehrere Bundesländer war die Resonanz in der Berichterstattung der begleitenden Journalisten allenfalls durchwachsen. "Vorsichtiger" geht Beck nach eigenem Bekunden inzwischen mit den Medien um, von denen er sich nicht richtig verstanden fühlt. Das Misstrauen ist gewachsen, weil aus seiner Sicht zu oft Widersprüche schlicht konstruiert und Zusammenhänge ausgeblendet werden. Seine Trotzreaktion: Er will bleiben wie er ist. Mehr bodenständig als weltmännisch - und erst recht nicht in der Politik, um den "wilden Mann" zu machen. Dass ihn vieles in der Berichterstattung angeblich nicht mehr berührt, kann nur glauben, wer den Pfälzer nicht kennt.Dennoch zeigt sich bei der Sommerreise auf heimischem Terrain ein gelöster Ministerpräsident. Bei der Besichtigung des weltweit aktiven Autositzherstellers Keiper im nordpfälzischen Rockenhausen ist Beck in seinem Element. Der gelernte Elektromechaniker schmiedet spontan mit ein paar Hammerschlägen einen Mauerhaken und fährt das Lob einer Auszubildenden ein: "Das war kein Büromensch, sondern ein echter Handwerker." Bei der Weinprobe auf der Reichsburg in Cochem sorgt Winzer Albert Kallfelz als guter persönlicher Bekannter für die richtige Begleitmusik. Ehrlich und gradlinig müsse der Wein sein, nicht jedem gerade aktuellen Trend hinterherlaufen, sondern seine Qualitäten ausspielen, so seine Philosophie mit Anspielungen, die Beck gerne hört. Doch auf der Burg Eltz lässt sich der SPD-Vormann auch von den Fotografen vor der Ritterrüstung platzieren, selbst wenn ihm nicht nur Gutes schwant: "Ich weiß schon, was ihr wollt. Ich kenne meine Freunde." Dann prasselt das Blitzlichtgewitter über Beck und den Panzer hernieder.

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