Heißes Eisen Führerschein

Wenn ein Mensch langsam in den Bereich der Demenz eintaucht, stellen sich für Angehörige oft schwierige Fragen. Was kann der Kranke noch selbstständig tun, was darf man ihm noch zutrauen, wovor muss man ihn schützen, wovor muss man seine Umgebung schützen? Das beginnt beim Autofahren und endet bei der Einsetzung eines Betreuers.

Trier. Es war an einem Samstagabend, als Gabriele Brandt (Namen Betroffener geändert) zum ersten Mal stutzig wurde. Auf dem Heimweg aus dem Theater bog ihr Mann Arnold am Moselufer in die falsche Richtung ab. Danach "verfranste" er sich, als wäre er in einer fremden Stadt unterwegs. Als sie ihn darauf ansprach, reagierte er stinksauer. Ein paar Wochen später baute der 74-Jährige, der jahrzehntelang unfallfrei gefahren war, einen ordentlichen Blechschaden, als er gegen die Einbahnstraße fuhr.

Der Straßenverkehr ist ein Bereich, in dem sich demenzbedingte Störungen schon früh bemerkbar machen können. Doch nicht immer akzeptiert das auch der Kranke. Das Thema Führerschein sei "ein heißes Eisen", sagt Josefine Reusche von der Alzheimergesellschaft Region Trier. Manchmal helfe eine Familienkonferenz, manchmal auch der nachdrückliche Rat eines Arztes. Aber das klappt nicht immer: Als Arnold Brandt damals von seinem Hausarzt auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, seine Fahrerlaubnis freiwillig zurückzugeben, wechselte er kurzerhand zu einem anderen Mediziner.

Zum Glück sind nicht alle Alltags-Probleme so brisant wie der Straßenverkehr. Aber auch das Kochen oder das Hantieren mit Elektrogeräten bergen Gefahren. "Irgendwann", weiß Josefine Reusche, "kommt der Tag, wo der Topf ohne Inhalt auf dem Herd steht". Trotzdem warnt die Psychotherapeutin vor "falscher Fürsorge". Wer dem Kranken alles abnehme, ihm gar nichts mehr zutraue, jede Gefahr schon prophylaktisch aus dem Weg räume, tue ihm keinen Gefallen. "Lieber die Fehler stillschweigend korrigieren und alles loben, was klappt". Erfolgserlebnisse seien bei Demenzkranken wichtig fürs Selbstwertgefühl.

Wenn aber absehbar ist, dass der Betroffene auf Dauer nicht mehr alleine zurechtkommt, ist es höchste Zeit, sich über die rechtliche Klärung der Situation Gedanken zu machen. Erster Schritt ist dabei oft eine Vorsorge-Vollmacht. Sie kann nur zu einem Zeitpunkt erstellt werden, da der Kranke noch geschäftsfähig ist und die Folgen seiner Verfügung verstehen kann. Eine solche Vollmacht sei "reine Vertrauenssache", sagt Caroline Klasen vom Betreuungsdienst des SKF, und gehöre daher "nur in gut funktionierende Familiensysteme". Sie empfiehlt zur Absicherung eine notarielle Beurkundung.

Bei der Stadt Trier häufen sich die Anfragen zur rechtlichen Vertretung Demenzkranker. Oft tauchen sie im Krankenhaus auf, wenn Ärzte Entscheidungen treffen müssen. "Wenn es geht", sagt Regina Mertesdorf von der städtischen Betreuungs-Behörde, "streben wir eine Bevollmächtigung an". Aber oft sei die Geschäftsfähigkeit nicht mehr gegeben, und dann führe an der Bestellung eines Betreuers kein Weg vorbei. Für die Angehörigen oft eine schwere Entscheidung. Aber Mertesdorf versichert, dass alles getan werde, um demente Menschen im Rahmen der Möglichkeiten einzubinden: "Die Rechte des Kranken bleiben im Verfahren gesichert, und wir fragen auch nach seinen Wünschen".

Schwierige Frage: Vollmacht oder Betreuung?



Ohne Streit geht das nicht immer ab, doch das sei die Ausnahme, berichtet Regina Mertesdorf. Meist finden der Demenz-Patient und seine Angehörigen eine gemeinsame Lösung. Vieles hänge "vom intakten familiären Netzwerk ab".

Es gibt in der Region eine ganze Reihe von Betreuungsvereinen. Sie arbeiten oft mit dem Demenzzentrum oder den entsprechenden Fachstellen zusammen und bieten dort Beratungen an. Auskunft erteilen auch die zuständigen Stellen bei den Behörden.

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