INTERVIEW Nebenwirkungen der Behaglichkeit

Kaminofen-Besitzer sind verunsichert, Hersteller sauer: Die Pläne der Bundesregierung, eine Rußfilter-Pflicht für Holzöfen einzuführen, sorgen für Irritationen. Immerhin gibt es fast 15 Millionen dieser Öfen in Deutschland.

Trier. Kaminfeuer sind beliebt. Seit die Preise für Öl und Gas explodieren, steigen immer mehr Verbraucher auf Holz um. Die Forstämter in der Region verzeichnen enorme Nachfragesteigerungen - und das Jahr für Jahr. Jeder Fünfte heizt mit Holz. Und das nicht nur wegen des Geldbeutels, sondern auch der Umwelt zuliebe und um das Klima zu schützen. Jedenfalls waren die Kaminofen-Besitzer bislang dieser Meinung. Nun gelten sie plötzlich als Umweltverschmutzer. Kaminöfen seien Dreckschleudern, heißt es aus dem Bundesumweltministerium. Holzöfen machen nicht nur gemütlich warm, sie verbreiten auch Feinstaub, kleine Teilchen, die Schadstoffe enthalten und so in den menschlichen Körper transportiert werden können. Gesundheitsgefahr droht nach Ansicht von Umweltexperten. Die Belastung mit solchen Partikeln verkürzten die durchschnittliche Lebenszeit in Deutschland um 10,2 Monate, heißt es in einem Fragen-und-Antworten-Katalog des Bundesumweltministeriums. In der von August stammenden Broschüre sind bereits die möglichen Maßnahmen wie etwa der Einbau von Rußfiltern genannt. Denn die Warnungen vor der Feinstaubbelastung durch Kaminöfen sind nicht neu. Im März 2006 sprach das Bundesumweltamt von "Nebenwirkungen der Behaglichkeit". Es wird geschätzt, dass nur die Hälfte der erhältlichen Kaminöfen den Feinstaub-Grenzwert einhalten können. Daher soll es den Dreckschleudern nun an den Kragen gehen. Viele Kaminofen-Besitzer seien verunsichert, heißt es etwa beim Trierer Kaminofenbauer Hase. Die pauschale Verurteilung von Kaminöfen als Dreckschleudern treffe keinesfalls für alle Modelle zu. Moderne Kaminöfen erfüllten bereits die geplanten gesetzlichen Anforderungen, so dass sie weder von einer Stilllegung noch von einer Nachrüstung durch Feinstaubfilter betroffen sein werden. Das Bundesumweltministerium rät allen, die jetzt einen neuen Ofen kaufen wollen, auf einer Typenbescheinigung des Herstellers zu bestehen. Trier. Über die Pläne, die Feinstaubbelastung durch Kaminöfen zu verringern, sprach unser Redakteur Bernd Wientjes mit der Bitburger Bundestagsabgeordneten Ulrike Höfken (Grüne). Was halten Sie von den Plänen? Höfken: Die jetzigen Immissionsschutz-Vorschriften sind veraltet. Wo Rußfilter helfen, muss die Bundesregierung den Einbau mit Fördermitteln für die Umrüstung verbinden. Das Problem sind die in den Baumärkten angebotenen neumodischen Billig-Kaminöfen. Deren Verbreitung muss begrenzt werden und nicht Omas Ofen verboten werden. Ihre Empfehlung? Höfken: Bei Holzheizungen wäre zunächst eine Beratung der Bürger notwendig, da der Ausstoß von solchen Anlagen viel davon abhängt, wie sie bedient werden. Hohe Emissionen treten dann auf, wenn das falsche Material verbrannt wird oder das Holz nicht trocken genug ist. Geht die Umweltschutzpolitik der Bundesregierung in die richtige Richtung? Höfken: Zu allererst muss dafür gesorgt werden, dass die Belastungen aus Verkehr und Industrie gemindert werden. Dazu gehört auch ein klares Bekenntnis gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke. Nach dem Feinstaub-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sind aber auch die Kommunen zum Handeln aufgerufen - sie müssen Aktionspläne zur Bekämpfung des Feinstaubs aufstellen.

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