"In jedem Fall gilt: Nerven behalten"

TRIER. Teilweise rasierter Schädel, tiefschwarze Haare, dunkle Striche über den Augen - die wegen Ritualmords verurteilte "Satansbraut" Manuela R. schockierte Deutschland. Nicht jeder, der so auftritt, ist ein Satanist, und erst recht nicht jeder Satanist ein Mörder. Doch auch Sympathien mit der Szene sind problematisch. Wie erkennt man gefährdete Jugendliche? Und wie verhält man sich?

Schwarze Kleidung, ein umgekehrtes Kreuz als Halsschmuck - wer so herumläuft, landet meist in der Satanisten-Schublade. Oft zu Unrecht. Denn es gibt in der "Schwarzen Szene" riesige Unterschiede (siehe Hintergrund). Nach Einschätzung des Journalisten und Satanismus-Kenners Rainer Fromm leben in Deutschland maximal 2000 organisierte Satanisten; hinzu kommen aber 6000 bis 8000 Jugendliche, die mit der satanistischen Kultur sympathisieren. Man dürfe "friedliche" Satanisten, für die der Satan ein Symbol für die Ablehnung herrschender Normen sei, nicht mit Gruppen über einen Kamm scheren, die Vergewaltigungen und Opferungen propagierten, warnte Fromm bei der Trierer Tagung "Satanismus - Eine gesellschaftliche Gefahr?". Auch Wolfgang Bauch, Vize-Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, sprach bei der von der Katholischen Akademie Trier und der Konrad-Adenauer-Stiftung organisierten Veranstaltung von "einem Bodensatz an Leuten, die ein Gefahrenpotenzial darstellen". Doch auch auf den ersten Blick harmlose Satanisten müssen unbedingt ernster genommen werden als bisher - das ist der Tenor der von rund 100 Teilnehmern besuchten Veranstaltung. Denn das Gedankengut ist mehr als problematisch: So propagieren Satanisten zum Beispiel das Recht des Stärkeren. "Viele junge Leute fühlen sich in romantisierender Weise davon angesprochen", sagt Neff. Sie wollten zur Elite gehören, geachtet werden - und erreichten meist genau das Gegenteil. "Das ist ein unseliger Kreislauf." Sorge bereitet den Experten auch die Überschneidung zwischen Satanisten und Rechtsextremisten: Über die Musikszene - vor allem die Stilrichtungen Black- und Death-Metal - nähern sich beide Szenen aneinander an. Wie aber erkennt man, ob sich Jugendliche mit Satanismus beschäftigen? Das Referat für Weltanschauungs- und Sektenfragen im Bistum Trier hat Anhaltspunkte zusammengestellt. Ein Ausschnitt: Lesen die Jugendlichen Bücher wie "Die Satanische Bibel" oder Comics mit okkultistischen Inhalt und auffällig viele Horror- und Fantasy-Geschichten? Besitzen sie Dinge, die auf Satanismus hinweisen - etwa in Menschengestalt geformte Kerzen oder Ritualdolche? Tragen sie Schmuck mit satanistischer Symbolik wie umgedrehte Kreuze? Hören sie bevorzugt Musik der Satans-Rock-Szene - vor allem Black- und Death-Metal? Die Fachleute warnen eindringlich davor, einzelne Hinweise überzuinterpretieren. "Man muss differenzieren: Identifizieren sich die Jugendlichen wirklich mit dem Gedankengut, oder steckt etwas anderes dahinter?", sagt Matthias Neff, der Sektenbeauftragte des Bistums. Zunächst seien solche Anzeichen meist provozierende Hilferufe."Knallhart, abstoßend und asozial"

In den meisten Fällen löse sich ein Satanismus-Verdacht bei genauem Hinsehen auf, sagt Neff. Und wenn nicht? "In jedem Fall gilt: die Nerven behalten", empfiehlt der Experte. Oft verfestige sich das Gedankengut, wenn das Umfeld in Panik ausbreche. Satanismus an sich ist kein Straftatbestand - gegen friedliche Anhänger dieser Weltanschauung haben Neff und Co. daher wenig in der Hand. Sie setzen auf Prävention: Jungen Leuten müsse immer wieder klar gemacht werden, was Satanismus sei, fordert der Sektenbauftrage: "Eine knallharte, abstoßende, asoziale Geschichte." Weitere Informationen und Hilfe gibt es beim Referat für Weltanschauungs- und Sektenfragen im Bistum Trier. Telefon 0651/7105-526 oder per E-Mail an Sekten@bgv-trier.de

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