Jedes siebte Kind ist zu dick

BERLIN. Fast jedes siebte Kind zwischen drei und 17 Jahren in Deutschland ist übergewichtig. Etwa genauso viele leiden an allergischen Erkrankungen. Und beinahe jedes zweite Kind zwischen vier und 17 Jahren bekommt keine ordentliche Rumpfbeuge hin. Die Daten gehören zu den ersten Ergebnissen einer Gesundheitsstudie des Robert-Koch-Instituts, die gestern in Berlin vorgestellt wurde.

Mit fast 18 000 Teilnehmern soll die europaweit einmalige Erhebung erstmals ein umfassendes Bild über den Gesundheitszustand der jungen Generation in Deutschland liefern. Für die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Marion Caspers-Merk, sind die Erkenntnisse zum Teil Besorgnis erregend. In aller Regel gebe es einen Zusammenhang zwischen gesundheitlichem Zustand und sozialer Herkunft, konstatierte die SPD-Politikerin. Deshalb müsse die Prävention stärker in Schulen, Kindergärten und Vereinen ansetzen. "Ein höheres Risiko für Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) besteht bei Kindern aus sozial benachteiligten Schichten, bei Kindern mit Migrationshintergrund, bei Kindern, die nicht gestillt wurden, und bei Kindern, deren Eltern ebenfalls übergewichtig sind", heißt es in der Studie. Der Anteil der "Dicken" steigt von neun Prozent bei den Drei- bis Sechsjährigen über 15 Prozent bei den Sieben- bis Zehnjährigen bis auf 17 Prozent bei den 14- bis 17-Jährigen. Die Leiterin der Studie, Bärbel-Maria Kurth, verwies auch auf die Verbindung zwischen Übergewicht und langem Fernseh-Konsum. Unklar sei aber noch, ob die überschüssigen Pfunde vom langen Sitzen vor dem Fernseher kämen oder umgekehrt das Übergewicht die Fernseh-Gewohnheiten beeinflusse. 77 Prozent der Kinder zwischen drei und zehn Jahren bewegen sich trotzdem fast täglich im Freien, und etwa die Hälfte treibt wenigstens einmal pro Woche Sport. Kinder aus Migrantenfamilien und mit niedrigem Sozialstatus sind allerdings deutlich weniger aktiv. Nur bei einem Krankheitsbild kehrt sich die soziale Schichtung praktisch um: Allergien kommen in ärmeren Familien seltener als in besser betuchten vor. Der Studie zufolge leiden knapp 17 Prozent aller Kinder und Jugendlichen unter allergischen Erkrankungen. In den Unterschichten sind es nur 13,6 Prozent, in der Oberschicht dagegen fast 19 Prozent. Wissenschaftler des Robert-Koch-Instituts sprechen von der so genannten Hygienehypothese, nach der ein geringer Kontakt zu Krankheitserregern und anderen Allergien im frühkindlichen Alter später mit einer erhöhten Anfälligkeit verbunden ist. Dagegen ist der Anteil von Kindern mit Essstörungen aus sozial schwachen Elternhäusern mit fast 28 Prozent fast doppelt so hoch wie in den oberen Sozialschichten. Auch weisen "ärmere" Kinder höhere Quoten an psychischen Auffälligkeiten und depressiven Neigungen auf. Eine vollständige Auswertung der in den vergangenen drei Jahren gewonnenen Daten will das Robert-Koch-Institut im Mai 2007 präsentieren.

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