Kanzlerin Merkel hat Ahnung vom Abgas

Berlin · Berlin Zeugin zu sein, darin ist Angela Merkel schon geübt. Vor drei Wochen musste sie im NSA-Untersuchungsausschuss zu den Abhörpraktiken des amerikanischen Geheimdienstes und des BND aussagen.

Damals präsentierte sich die Kanzlerin selbstsicher und unwissend. Eine Taktik, die sich offenbar aus ihrer Sicht bewährt hat. Im "U-Ausschuss" zur VW-Abgas-Affäre setzt sie am Mittwoch auf eine ähnliche Strategie. Merkel stellt sich zu Beginn der Sitzung vor, umreißt kurz die Themenkomplexe, und nach gut einer Stunde Befragung fällt folgender Satz: "Über das, was ich an Kenntnis habe, habe ich ihnen jetzt berichtet."
Eigentlich könnte man nun Schluss machen. Meint Merkel. Macht der Ausschuss aber nicht, wenn man zum krönenden Abschluss der Untersuchung die Kanzlerin befragen kann. Es geht noch anderthalb Stunden weiter. Fast ein Jahr lang hat das Gremium versucht herauszufinden, ob die Bundesregierung irgendwie in den Skandal verstrickt gewesen ist. Je nach parteipolitischer Couleur kommt man zu unterschiedlichen Ergebnissen. Merkel jedenfalls betont, sie habe wie alle anderen auch am 19. September 2015 "durch die Medienberichterstattung" von der Affäre erfahren. Nach ihrer Erinnerung sei sie dann am 21. September von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) informiert worden. Mit dem damaligen VW-Chef Martin Winterkorn habe sie "wahrscheinlich" erst am 22. September telefoniert. Auf die Frage, was sie von ihm erfahren habe, antwortet die Kanzlern: "Nichts, was ich nicht schon gewusst hätte." Den Eindruck, dass die deutschen Behörden Fehler oder Versäumnisse bei dem Skandal begangen hätten, habe sie nicht. Der CSU-Mann Ulrich Lange lobt Merkels Auftritt als "souverän". Klar sei, "es gab kein Wegsehen der Regierung". Die Opposition hält die Kanzlerin hingegen für "verantwortungslos" und "nicht überzeugend". Irgendwann während der Sitzung witzelt der Grüne Oliver Krischer zu Merkel: "Ich habe den Eindruck, sie verstehen mehr von CO und Stickoxiden als zwei Verkehrsminister, die wir hier hatten." Gelächter im Saal. Da ist wohl was dran. Merkel war von 1994 bis 1998 Umweltministerin. Ahnung hat sie. Aber gewusst haben will sie nichts.

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